Da war ja noch was

Veranstaltungsnachbericht zu einer ganz guten Idee

Am 11. März 2020 veranstalteten wir von der FAU Sektion Mönchengladbach im Rheydter Chapeau Kultur einen Vortrag zur Idee des Anarcho-Syndikalismus mit dem Titel „Eine andere Welt selbst möglich machen.“

Das Risiko für die Bevölkerung durch die Covid-19-Epidemie in Deutschland war trotz der Besorgnis erregenden Situation im Kreis Heinsberg vom Robert-Koch-Institut noch nicht von „gering bis mäßig“ auf „hoch“ eingestuft. Das geschah erst 6 Tage später. Kontaktsperren oder die Schließung von Betrieben ganzer Branchen waren für uns, wie wohl für die meisten Menschen hierzulande, immer noch eher Science-Fiction als reale, in Kürze drohende Maßnahmen. Das änderte sich allerdings rasend schnell. Bei aller Unsicherheit über die nächsten konkreten Entwicklungen und Erlasse dürfte allerdings gewiss sein, dass die sozialen und politischen Folgen nach Abklingen der gesundheitlichen Krise auch uns als anarcho-syndikalistische Basisgewerkschaft noch lange beschäftigen werden.

Zu diesem Zeitpunkt hielten wir eine Absage der Veranstaltung jedenfalls für übertrieben. Wir gingen von einer risikoarmen Kleinveranstaltung im für unsere Zwecke sehr geräumigen Chapeau Kultur aus. Es waren schließlich 8 Besucher*innen da, insgesamt 11 Personen, und Abstand war problemlos möglich.

Ein Mitglied der FAU-Sektion stellte begleitet von einer Power-Point-Präsentation in knapper Form Grundlagen, Ziele, Strategien, Prinzipien und die Organisation innerhalb und außerhalb von Betrieben nach anarcho-syndikalistischem Konzept vor. Ohne uns allzu sehr mit der beeindruckenden Geschichte des Anarcho-Syndikalismus zu beschäftigen, versuchten wir ausgehend von der Kritik am Kapitalismus und am Staat zu entfalten, wie sich Gesellschaft im Kleinen und Großen besser organisieren ließe.

Thematisiert wurde, warum und worin die anarcho-syndikalistische Basisgewerkschaft sich in wesentlichen Punkten von den üblichen Gewerkschaften unterscheidet. Was ist gemeint, wenn der Anarcho-Syndikalismus eine soziale Revolution anstrebt und keine politische? Was ist eine direkte Aktion, und was ist sie nicht? Wie kann gegenseitige Hilfe und Solidarität aussehen? Was bietet das sogenannte „Organizing“? Wie könnte eine klassenlose und staatenlose, für alle gedeihliche Gesellschaft aussehen, die auf Ausgrenzung und Abschottung verzichtet?

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass bei dieser Veranstaltung vor allem Fragen zur Selbstorganisation in der eigenen Nachbarschaft und zur Umstrukturierung der Ökonomie grundsätzlich auf den Nägeln brannten. Es standen nicht wie bei unseren vorherigen Veranstaltungen die persönlichen Arbeitssituationen der Teilnehmenden und deren gesellschaftlichen Bedingungen im Mittelpunkt.

Die Diskussion zeigte uns auch unsere momentanen Grenzen auf. Als kleine Gruppe, die noch in ihren organisatorischen Anfängen steckt, mussten wir von der Sektion Mönchengladbach zwangsläufig etwas allgemein und theoretisch bleiben, und konnten weniger auf eigene, konkrete Projekte verweisen. Als Teil der FAU Düsseldorf haben wir allerdings gute Voraussetzungen, unsere Sache weiter zu entwickeln, vor allem natürlich, wenn Menschen zu uns stoßen und sich mitorganisieren. Da wir auch ein erfahrenes Mitglied der Düsseldorfer Kerngruppe hinzu gebeten hatten, konnten hoffentlich doch einige Fragen aus mehrjähriger Praxis spezifischer beantwortet werden.

Und auch wir lernen hinzu, vielleicht demnächst auch gemeinsam mit euch – entweder bei einer unserer Veranstaltungen oder als Teil der FAU.

Bis dahin: Gebt auf euch acht und auf Menschen in eurer Umgebung, vor allem, wenn sie zu einer Risikogruppe gehören. Auf bald!

[ssba]