Enno Wolf (1903-?)

Beruf: Arbeiter
Todesdatum: unbekannt
Todesursache: unbekannt
Mitglied der FAUD

von Hansi Oostinga

Enno Wolf wurde am 30. August 1903 geboren. Über sein Leben ist nur wenig bekannt. 1926 hielt er eine Rede auf dem Bundestag der Arbeiterschützen. Er war Mitglied der Kasseler Ortsgruppe der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD).

Die FAUD hatte ein radikaleres Selbstverständnis als die dominierenden Gewerkschaftsorganisationen der Weimarer Republik. Für die Anarchosyndikalisten war die Gewerkschaft die entscheidene Kampforganisation der Arbeiterklasse, die letzlich den Kapitalismus mittels eines Generalstreiks überwinden sollte. Sie lehnte politische Parteien und den Parlamentarismus ebenso ab wie zentralistische Funktionärsapparate und baute auf die selbsttätige, unvermittelte, direkte Aktion der Arbeiterklasse.

Anders als in anderen Regionen, konnte die FAUD in Kassel nie wirklich Fuß fassen, sie verfügte nie über mehr als drei dutzend Mitglieder, die zudem überwiegend erwerbslos waren. Sie war in Kassel letztlich “eine propagandistische Gruppe für den Syndikalismus”. (Bericht Willi Paul) Die Kasseler Anarchosyndikalisten organisierten Veranstaltungen und druckten Plakate, Flugblätter und Zeitungen. Mit großem Enthusiasmus vertrieben sie auch Zeitungen, die sie von der Geschäftskommission der FAUD aus Berlin bezogen. Ein anderes Mitglied der Kasseler FAUD, Willi Paul, berichtet beispielsweise vom Verkauf des “Syndikalist”: “Wir standen fast jeden Tag, aber hauptsächlich Sonnabends auf der Königstraße. Und verkauften. Oft ging er wie frische Semmeln weg und dann bestellten wir sofort telegrafisch neue – wir waren so fasziniert von der Bewegung!”. (Bericht Willi Paul)

Einzig in der Kasseler Erwerbslosenbewegung konnte die FAUD einen größeren Einfluß ausüben. In den Erwerbslosenkomitees, an denen sich auch Sozialdemokraten und Kommunisten beteiligten, nahmen neben Enno Wolf die Kasseler Anarchosyndikalisten Willi Paul und Fred Schröder führende Positionen ein. In der Wohnung von Enno Wolf wurde das gesamte Propagandamaterial der Kasseler Erwerbslosenbewegung geschrieben und gedruckt.

Ende 1930 gründeten die Kasseler Anarchosyndikalisten – wie andere FAUD-Gruppen auch – eine antifaschistische Kampforganisation: die “Schwarze Schar”. Am 15. Februar 1933 löste sich die Kasseler FAUD versorglich auf, um Geld- und Sachwerte vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu sichern, bestand aber illegal weiter. Die Kasseler FAUD-Mitglieder betrieben eine illegale Druckerei, stellten Zeiungen her und vertrieben diese. Es gab verdeckte Treffen und Solidartätssammlungen für inhaftierte Genossen.

Erst 1941 gelang es der Gestapo die FAUD in Kassel endgültig zu zerschlagen. Es kam zu mehreren Verhaftungen. Enno Wolf muß schon vorher verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert worden sein, da die politische Abteilung des Konzentrationslagers Sachsenhausen am 20. Dezember 1938 seine Entlassung anordnete, die dann auch am 22. oder 23. Dezember erfolgte. Vermutlich ist er dann aber erneut verhaftet worden. Nach Angaben von Willi Paul soll Enno Wolf im Konzentrationslager ums Leben gekommen sein.

Im Adressbuch der Stadt Kassel taucht er 1939 noch auf, 1940 wird seine Ehefrau als Witwe geführt.

Quellen

AS, D1 A/1022, Bl. 595.
Bericht Willi Paul, Informationsstelle zur Geschichte des Nationalsozialismus in Hessen, Univerität Kassel, 1979.
Mümken, Jürgen, Anarchosyndikalismus an der Fulda. Die FAUD in Kassel und im Widerstand gegen Nationalsozilismus und Faschismus. Mit einer Einleitung von Helge Döhring, Frankfurt a.M. 2004.
Mümken, Jürgen, Im Kampf gegen Hitler und Franco. Zum 25. Todestag des Spanienkämpfers Willi Paul, in: Direkte Aktion, Nr. 163, Mai/Juni 2004, S. 14.

Veröffentlicht in: Siegfried Mielke (Hrsg.) in Verbindung mit Günther Morsch: Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. Biographisches Handbuch. Band 3, Berlin 2005, S. 414-417

[ssba]