Friedrich (Fritz) Kater (geb. 19.12.1861 Barleben bei Magdeburg)

gest. 20.05.1945 in Berlin,
Maurer, Verleger, anarcho-syndikalistischer Gewerkschafter.

Ludwig Unruh

K. wurde als Sohn eines Landarbeiters geboren; seine Mutter starb, als er zwei Jahre alt war. Bereits in seiner Kindheit musste er zum Familieneinkommen beitragen. Er arbeitete in der Zuckerfabrik, als Ochsentreiber, Hausschlachter und bei der Bestellung des eigenen Pachtlandes, bevor er eine Maurerlehre begann. 1883 – zur Zeit des Sozialistengesetzes – trat er dem Magdeburger Fachverein der Maurer bei. Dort kam er in Kontakt mit aus Hamburg und Berlin ausgewiesenen Sozialdemokraten. Er begann sich mit dem Studium sozialistischer Literatur zu beschäftigen und nahm an der illegalen Arbeit für die sozialdemokratische Bewegung teil. 1887 trat er in die SPD ein und initiierte die Gründung eines Fachvereins der Maurer in Barleben, dessen erster Vorsitzender er wurde. 1890 wurde er zu zwei Monaten Gefängnis wegen „Abhaltung einer unerlaubten Versammlung“ verurteilt und musste 1891 wegen einer „aufrührerischen Rede“ eine weitere Gefängnisstrafe verbüßen. Nach dem Fall des Sozialistengesetzes 1890 hatte K. enge Kontakte zur oppositionellen „Bewegung der Jungen“ in der Sozialdemokratie. 1890 war K. Redakteur des in Olvenstedt erscheinenden Parteiorgans Sozialdemokrat für den Wahlkreis Neuhaldensleben-Wolmirstedt, für den er 1890 und 1891 auch Delegierter auf den sozialdemokratischen Parteitagen in Halle und Erfurt war. Dort unterstützte er die oppositionellen „Jungen“, vollzog deren Austritt aus der Partei jedoch nicht mit. 1892 zog K. nach Berlin, wo er – neben seiner Tätigkeit als Maurer – als Vertrauensmann für die Berufsorganisation der Maurer und sozialistischer Agitator tätig war. Bei den Auseinandersetzungen über die zweckmäßigste Organisationsform der Gewerkschaften war er ein Verfechter des dezentralen Konzeptes der „Lokalisten“, die sich 1897 auf ihrem Kongress zur späteren Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften (FVdG) zusammenschlossen. Als Nachfolger des verstorbenen Gustav Keßler wurde er 1904 Vorsitzender der Geschäftskommission der FVdG – ein Amt, das er bis 1930 ausübte. 1907 schlug er das Angebot eines Funktionärspostens in den Zentralgewerkschaften sowie ein Reichstagsmandat aus und verließ ein Jahr später nach 20 Jahren Zugehörigkeit die Sozialdemokratische Partei. K., der ursprünglich der anarchistischen Bewegung ablehnend gegenüberstand, entwickelte sich danach unter dem Einfluss des französischen Syndikalismus zu einem der führenden Köpfe des Anarcho-Syndikalismus in Deutschland, einer Strömung der Arbeiterbewegung, die eine Aufspaltung in politische Partei und allein auf ökonomische Ziele ausgerichtete Gewerkschaften nicht mit vollzog. Die Entstehung des Syndikalismus um 1900 war zugleich eine Reaktion auf die einsetzende Bürokratisierung und Zentralisierung der Arbeiterbewegung, die die Initiative der Basis zunehmend einschränkte. Dagegen setzen die Syndikalisten eine basisdemokratische, föderalistische Organisierung, die sie als Voraussetzung für die Selbstemanzipation der Arbeiterinnen und Arbeiter sahen. 1913 nahm K. am ersten Internationalen syndikalistischen Kongress in London teil. Während des ersten Weltkrieges war er maßgeblich an der Aufrechterhaltung der syndikalistischen Organisation in Deutschland beteiligt. 1919 gehörte er zu den Mitbegründern der Freien Arbeiter Union Deutschlands (FAUD) und war in der Folge für diese als Wanderredner und Publizist tätig. Die FAUD vertrat er auch mehrfach auf Kongressen der Internationalen Arbeiter Assoziation (IAA), der 1922 gegründeten Internationale der Anarcho-Syndikalisten. Aus Altersgründen legte K. 1930 im Alter von siebzig Jahren sein Amt nieder. Zudem war K. Verleger der Wochenzeitung der FVdG, die unter dem Titel Die Einigkeit erschien, sowie nach dem I. Weltkrieg Inhaber des Fritz Kater Verlages und später des Verlages Syndikalist, in denen über einhundert Schriften anarchistischen und syndikalistischen Inhalts publiziert wurden. K. starb 1945 beim Entschärfen eines Blindgängers in Berlin.

Biographiefragment II

Fritz Kater wurde 1861 in Barleben bei Magdeburg geboren und in jungen Jahren als Maurer Mitglied der sozialdemokratischen Bewegung. 1887 gründete er in Barleben einen Fachverein der Maurer. Als Vorsitzender kam er mit dem Sozialistengesetz in Konflikt und wurde vom Landgereicht Magdeburg zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt, die er 1893 absaß. Kater war 1892 nach Berlin umgezogen (Reichenbergerstraße 182).

Am 4.9.1895 heiratete er Mathilde Deichsel (geb. 11.1.1874). Beide hatten drei Kinder, Martha (22.10.1900), Elise (26.5.1902) undHans (3.1.1904). Die Zentralisierung der Gewerkschaftsbewegung in Deutschland lehnte er ab und wurde einer der führenden Kräfte bei der Formierung einer lokalistischen Bewegung, welche sich 1897 konstituierte und Fritz Kater zum Vorsitzenden der Geschäftskommission wählte. Dieser Posten wurde mit 2400 Mark, später mit 2600 Mark bezahlt, so dass angenommen werden kann, dass er die Verlags- und Zeitschriftenarbeit ganz für die Organisation machte und davon keine persönlichen Gelder erhielt. In dieser Funktion war er verantwortlicher Redakteur des Gewerkschaftsorgans „Einigkeit“. 1901 entwickelte sich daraus die „Freie Vereinigung deutscher Gewerkschaften“ (FVDG), die sich nach einer Spaltung 1908 bei der ca. 50% der SPD-Aufforderung folgten in die Zentralverbände einzutreten, syndikalistischen und anarchistischen Ideen annäherte. Ca. 8000 Mitglieder blieben in der FVDG, auch Kater trat aus der SPD aus und war mit kurzer Unterbrechung bis 1930 Mitglied der Geschäftskommission der FVDG, ab 1919 FAUD. Kater kann als einer der Hauptorganisatoren- und agitatoren der seit 1919 unter dem Namen Freie Arbeiter Union Deutschlands (FAUD) aktiven syndikalistischen Bewegung in Deutschland angesehen werden. Zwischen 1909 und 1912 betrieb er eine Buchhandlung in der Alten Schönhauserstraße.20. Nachdem Carl Thieme als verantwortlicher Redakteur der zweiten FVDG-Zeitschrift „Der Pionier“ 1912 verhaftet worden war, übernimmt Kater auch die Redaktion dieser Zeitschrift bis beide Zeitschriften im August 1914 verboten werden. Während des 1. Welkriegs gab es „Rundschreiben“ an Vorstände und Mitglieder, von einer illegalen Zeitschrift wurde abgesehen, Kater in einem abgefangenen Brief an einen Bochumer Syndikalisten: „Ist die Zeit gegeben, dann werden auch wieder Schriften und Zeitungen erscheinen…“ Die Zeit kam 1919. Auf dem 12. Reichskongress der FVDG vom 27.-30.12.1919 wurde die FAUD gegründet und Fritz Kater erneut zum Vorsitzenden der Geschäftskommission gewählt. Erst im Jahr 1930 gab er dieses Amt an Reinhold Busch ab, half aber weiter im Vertrieb des ASY-Verlags.

Kurz nach Kriegsende im Mai 1945 kam er in Berlin durch einen Blindgänger ums Leben. Fritz Kater repräsentiert ein gutes Stück Geschichte der Arbeiterbewegung, was sein langjähriger Kampfgefährte Rudolf Rocker mit einer wunderbaren kurzen Biographie zu würdigen wusste. Katers Schriften sind von bestechender Klarheit und lassen an unmittelbarer Positionsbestimmung der Bewegung nichts zu wünschen übrig. Der nächste, der auch zum Nutzen aller heute aktiven eine ausführliche und bewegende Biographie verdient hätte, wäre ohne Zweifel Fritz Kater.
[ssba]