Otto Reimers (* 17.9.1902 – † 22.10.1984)

Hamburg, Bauarbeiter, Bauleiter, geboren in Grambek bei Mölln (Schleswig-Holstein), AAU, ab 1922 AAUE um die Zeitschrift
Proletarischer Zeitgeist, 1930 Anarchist, 1933 illegale Arbeit; 1945 Herausgeber anarchistischer Zeitungen, mit Alfred Weiland* Herausgeber von Neues Beginnen.
Als ältester von fünf Geschwistern musste Reimers nach Beendigung der Schule bereits anfangen zu arbeiten; er tat dies bei Waldarbeitern und Bauern um die finanzielle Situation der Familie zu erleichtern. In den 1920er Jahren wurde Reimers in der antiautoritären Arbeiterbewegung aktiv. 1920-1921 hatten die Hamburger Unionisten den Beitritt bei der KAPD und der Komintern abgelehnt und schlossen sich der AAU-E Otto Rühles* und Franz Pfemferts* an. 1923/24 suchte die AAU-E verstärkt die Zusammenarbeit mit der anarcho-syndikalistischen FAUD und
der IAA. Im Jahre 1926 gründete er mit Karl Matzen*, Karl Roche* und Ernst Fiering* in Hamburg den Block antiautoritärer Revolutionäre, bestehend aus Anarchosyndikalisten, Anarchisten, Unionisten und Individualanarchisten. Sprecher bei den Treffen waren u.a. Pierre Ramus, Ernst Friedrich, Helmut Rüdiger und Rudolf Rocker. Zusammen mit Paul Schöß* übernahm er 1926 den Vertrieb der Zeitschrift Proletarischer Zeitgeist (1922–1933) von der Allgemeinen Arbeiter-Union (AAU) und arbeitete an der Zeitschrift Die freie Gesellschaft mit.
Nach der Machtübernahme der Nazis musste Reimers gezwungenermaßen mit seiner Arbeit für Zeitschriften aufhören. In der Illegalität nach Februar 1933 konnte die Hamburger Gruppe fast monatlich bis Mitte 1934 die zwölfseitige Schrift Mahnruf herausgeben. Den II. Weltkrieg verbrachte Reimers hauptsächlich damit, die durch Bombenangriffe beschädigten U-Bahn-Schächte und -Tunnel, sowie die Hochbahn Hamburgs wiederaufzubauen, da sein Arbeitgeber immer wieder seine Freistellung vom Kriegsdienst
erreichen konnte.
Nach Kriegsende war Reimers aktiv als Herausgeber der ersten anarchistischen Zeitschrift in Deutschland, Mahnruf; publiziert einige Wochen nach Kriegsende (Mai bis Dezember 1945).
Reimers wollte mit dem Mahnruf zur Gründung einer neuen anarchistischen Bewegung beitragen. Die gehoffte Resonanz blieb allerdings aus. Außerdem war er Herausgeber der Zeitschriften Information, anarchistische Gedanken und Betrachtungen zur Geschichte, Literatur und Politik der Gegenwart; zusammen mit Heinrich Freitag und Walter Stöhr (1956–1961). In den Jahren 1955 bis 1959 war er auch Herausgeber des deutschsprachigen, internationalen anarchistischen Mitteilungsblattes C.R.I.A.
(Commission des Relations Internationales Anarchistes).
1959 wurde der Bund freier Sozialisten und Anarchisten auf einem Anarchistenkongress in Neviges gegründet wobei Reimers einer der Mitinitiatoren des Kongresses war. Er war Mitglied der Föderation freiheitlicher Sozialisten (FfS). Beiträge aus linksliberaler, demokratischer und freier sozialistischer Sichtweise brachte seine
Zeitschrift Neues Beginnen (1969–1971). Die von Reimers redigierte Publikation Zeitgeist – für sozialen Fortschritt, freien Sozialismus, Kultur und Zeitgeschehen erschien von 1971 bis 1974. Sie fusionierte später mit der von Heiner Koechlin herausgegebenen Zeitschrift Akratie, in der auch der Anarchosyndikalist Willi Paul veröffentlichte.
Neben seiner Tätigkeit als Herausgeber war er auch Autor zahlreicher Artikel. Wolfgang Haug veröffentlichte einen Nachruf auf Otto Reimers, Das politische Engagement war ihm Berufung und Verpflichtung, in der Zeitschrift Schwarzer Faden (Nr. 16, April 1984, S. 56). Im Verlag Walter Stöhr erschien von 1969 bis 1971 die anarchistische Zeitschrift neues beginnen, herausgegeben von Otto Reimers in Hamburg. Der Untertitel lautete: Beiträge zur
Zeitgeschichte, Kultur und Politik aus linksliberaler–demokratischer und freier sozialistischer Gesinnung; eine Publikation von antiautoritären Sozialisten. Vorgestellt wurde das Blatt mit
den Worten: „Vertritt den humanistischen–demokratischen Sozialismus. Wendet sich gegen die Verketzerung des Wortes und der Weltanschauung des Anarchismus“. Und: „Die Zukunft
darf nicht mehr der Gewalt gehören, sondern dem Mit- und Nebeneinander aller Menschen“.
Neues beginnen erschien zweimonatlich mit einer Auflage von 600 Exemplaren. Nachfolger war die Zeitschrift Zeitgeist. Bereits 1960 wurde die gleichnamige anarchistische Publikation neues beginnen herausgegeben von Karl Blauert in Iserlohn. Die Zeitschriften Information und Befreiung sollten zusammengelegt werden mit neues beginnen.
Wegen interner Meinungsverschiedenheiten auf dem Anarchistenkongress in Neviges wurde das Projekt eingestellt und realisiert von Reimers in 1969 indem er neues beginnen fortsetzte.
Otto Reimers ist 1984 in Laufenburg gestorben.

Quellen: Günter Bartsch, Anarchismus in Deutschland: 1945-1965, Band l, Fackelträger, Hannover 1972; Mahnruf: Widerstand im Dritten
Reich, Schwarzer Faden Nr. 3, 1981; Georg Hepp, Otto Reimers zum Gedenken (1900-1984), Die Freie Gesellschaft, Heft 13/14, 1985, S. 94-
96; Michael Kubina, Von Utopie, Widerstand und Kaltem Krieg. Das unzeitgemäße Leben des Berliner Rätekommunisten Alfred Weiland
(1906-1978), LIT Verlag, 2000, S. 258.

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