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Hans Fröhlich (* ; † 21. September 1922)
Peter Kropotkin * 09.12.1842 – † 08.02.1921
Peter Krapotkin
* 9. Dezember 1842, Moskau, Russland – † 8. Februar 1921, Dmitrow, Russland
ein Nachruf aus „Der Syndikalist“ Nr. 7 – 1921
Ein kurzer Bericht über das Leben der russischen anarchistischen Schwestern Anna und Tatiana.

Anna Garaseva und ihre ältere Schwester Tatiana waren die Töchter eines Lehrers, der in einer Turnhalle (High School) in Rjasan unterrichtete. Tatiana wurde 1901 geboren und Anna am 7. Dezember 1902. Im Jahre 1917 wurde Tatiana an der Moskauer Universität aufgenommen, wo sie die Vorlesungen des anarchistischen Professors Alexej Borowoi besuchte. Tatiana trat dem studentischen anarchistischen Klub bei, der sich hauptsächlich aus jungen Frauen zusammensetzt. Sie sah sich selbst als Anarcho-Syndikalistin.
Mit dem Tod des berühmten Anarchisten Peter Kropotkin forderten seine Familie und Mitarbeiter, dass die bolschewistische Regierung die inhaftierten Anarchisten freilassen sollte.
Unter ihnen waren Aron Baron, Topilin (selbst aus Rjasan, der 1921 erschossen wurde, um eine Gefängnisausbruch zu arrangieren) und andere Anarchisten, linke sozialistische Revolutionäre (SRs) und Makhnovisten, ukrainische anarchistische Guerillas.
Die Universitätslehrer Borowoi und Karelin baten den Cheka-Chef (Geheimpolizei), Dzerzhinsky, die Gefangenen freizulassen, aber er weigerte sich. Borowoi ging dann nach Lunatscharski, der sich gegen den bolschewistischen Führer Wladimir Lenin durchsetzte, um sechs der Gefangenen auf Bewährung freizulassen, der Rest blieb im Gefängnis.
Bei der Beerdigung von Kropotkin gab es eine große Beteiligung von den Universitäten und Tatiana war eine von denen, die einen Kranz von der anarchistischen Nabat Konföderation trugen (obwohl sie als Anarcho-Syndikalistin mit ihren Strategien nicht einverstanden war), um auf seinem Sarg zu liegen.
Sie kehrte nach Rjasan zurück, wo ihre Schwester noch immer lebte, nach Massenverhaftungen von Anarchisten und linken Sozialrevolutionären und der Unterdrückung der Arbeiterbewegung gegen die Bolschewiki in Kronstadt. Anna trat in das Ryazan Pädagogische Institut ein und schloss sich dort der anarcho-syndikalistischen Gruppe an.
Die beiden Schwestern zogen dann nach Petrograd, wo sie als Krankenschwestern arbeiteten. Sie nahmen weiterhin an der anarcho-syndikalistischen Bewegung teil. Tatiana hielt Kontakt zu den Exilrevolutionären in Finnland und mietete einen Raum in einem Haus, das sich zufällig gegenüber den Fenstern des führenden Kommunisten Grigori Sinowjew befand. Sie wurde dort am 22. Mai 1925 verhaftet.
Bald darauf wurde Anna, die nach Rjasan zurückgekehrt war, im folgenden Jahr verhaftet und ein Bild von Topilin in ihrer Wohnung gefunden. Die beiden Schwestern wurden im Lubjanka-Gefängnis wiedervereinigt. Sie wurden beschuldigt, einer terroristischen anarchistischen Organisation anzugehören und Sinowjew zu töten.
Zu dieser Zeit war die Befragung von Politikern nicht mit Prügel oder Folter verbunden. Die Schwestern wurden zu drei Jahren Haft im Gefängnis für politische Isolatoren verurteilt, gefolgt von drei Jahren internem Exil. Sie verbrachten ihre Zeit im Gefängnis von Werchneuralsk, wo sie sich mit vielen anderen politischen Gefangenen trafen und befreundet waren, und schlossen sich ihnen zu kollektiven Protesten und Hungerstreiks an.
Darunter waren die rechte SR Katarina Olitskaya, der Anarchist Vsevolzhsky, der Neffe des Marschalls der Roten Armee Tuchatschewski und der Anarchist Kira Arkadevna Sturmer, die Nichte eines Zarenministers. In Swerdlowsk trafen sie Berta Brodova, die Ehefrau von Juri Podbelsky, einem SR, der am Antonow-Aufstand in Tambow beteiligt war (sein Bruder Vadim war Kommissar für Post und Telegraphen in der kommunistischen Regierung).
Im Jahr 1928 erkrankte Tatiana an Tuberkulose und wurde nach Chikment geschickt. Sie reichte eine Petition für eine Versetzung nach Hause nach Ryazan ein. Die Behörden stimmten dem zu, wenn sie ihre politischen Aktivitäten einstellte. Sie unterzeichnete eine entsprechende Erklärung zu diesem Zweck, wobei sie ihre Überzeugungen beibehielt. Tanya kehrte 1929 nach Ryazan zurück, wo sie bald von einer kürzlich veröffentlichten Anna begleitet wurde.
Im Exil heiratete Tatiana Nikolai Semenovich Doskalov, einen in Belgien geborenen Ex-Bolschewiki, der Mitte der 1920er Jahre an die Anarchosyndikalisten überging. Zusammen mit ihrem Mann zog sie nach Maikop, wo sie 1935 verhaftet wurde.
Nach dem ersten Gefängnisaufenthalt kehrte sie nach Moskau zurück und begann in der Lenin-Bibliothek zu arbeiten. Direktor der Bibliothek war Nevsky, ein ehemaliger Volkskommissar für Arbeit.
Tatjana zufolge war er der einzige anständige Kommunist, den sie je getroffen haben. Er hatte keine Angst, mit Stalin zu streiten, und er beschäftigte Leute, die nach der Welle der Säuberungen aus der Kommunistischen Partei vertrieben wurden. Er heuerte Tatiana und den alten SR Kolosova an. Im Jahr 1935 wurde Nevsky verhaftet und 1937 erschossen. Nach seiner Verhaftung flohen Tatiana und ihr Mann nach Maikop. Aber die Geheimpolizei hat sie eingeholt. Nikolai wurde während des Verhörs zu Tode geprügelt, und sie erhielt fünf Jahre im Lager Kolyma.
Es gab viele Kommunisten in Kolyma, darunter trotzkistische Oppositionelle, aber sie alle weigerten sich, etwas mit Anarchisten zu tun zu haben, die sie als Feinde der Revolution betrachteten. Sie traf Katya Olitskaya in Kolyma wieder.
Tatiana mit ihrer Tuberkulose hätte im schrecklichen Gefangenenlager von Kolyma nicht lange überlebt, wenn sie nicht im Lagerkrankenhaus gearbeitet hätte, nachdem einer ihrer Füße bei der Arbeit im Wald durch Erfrierungen amputiert wurde.Tatiana kehrte vor dem Krieg nach Rjasan zurück. Während des Krieges arbeiteten die Schwestern in einem Lazarett, und 1949 wurde Tatiana erneut nach Kolyma geschickt, wo sie bis 1954 blieb.
Die beiden Schwestern wurden 1958 rehabilitiert. Ab 1962 nahm Anna Kontakt mit dem Schriftsteller Alexander Solschenizyn auf, der sein riesiges Buch über den Gulag-Archipel zusammenstellte. Sie fungierte als seine „illegale Sekretärin“, half bei der Zusammenstellung von Informationen über die Lager, brachte ihn mit anderen in Kontakt, die in den Lagern gelitten hatten, und versteckte Dokumente für ihn. Die Schwestern waren der Meinung, dass das Buch über Kolyma, das „unser Auschwitz“ war, nicht genügend Informationen enthielt.
In ihren letzten Jahren war Anna enttäuscht von den vielen Jahren des Leidens und der Unterdrückung, lehnte ihre anarcho-syndikalistischen Überzeugungen ab und begann sich als anarchistische Individualistin zu verstehen.
Der anarchistische Journalist Igor Podshivalov führte 1994 ein Interview mit den Schwestern. Sie lebten in Rjasan mit kleinen Pensionen.
Sechs Monate später starb Anna am 11. Dezember 1994. Tatiana starb einige Zeit nach 1997.
1997 wurden Annas Memoiren über ihre Aktivitäten im anarchistischen Untergrund veröffentlicht.
Nick Heath (Beitrag übernommen von libcom.org)
Quellen
„Hier ist eine Passage aus Anna Garasevas Memoiren, die für die Untersuchung russischer Anarchisten relevant sind:
In einem meiner Bücher entdeckten sie einen Brief, den Tatiana mir aus Moskau schrieb – einen alten Brief, den sie im Februar 1921 schrieb, als sie an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Moskauer Staatlichen Universität studierte und an Kropotkins Beerdigung teilnahm. …. Tatiana konnte in ihrem Brief die Beerdigung lebendig und anschaulich beschreiben, auch weil sie mit vielen Anarchisten aus dem Studentenmilieu vertraut war. . . . Ich fand ihren Brief interessant und beschloss, ihn zu speichern.
Ich weiß nicht, was die GPUs dachten, aber sie waren absolut begeistert von ihrem Fund. Der Brief wurde auf altes Postpapier geschrieben – schmal, lang, mit einer Überschrift auf der Oberseite, und in einen langen, vorrevolutionären Umschlag gelegt. Wahrscheinlich steht es noch immer in unserer Fallakte, denn Tatiana sah es 1948, als sie zum dritten Mal verhaftet wurde. Sie war wirklich erstaunt, dass der Brief überlebt hatte, aber ihr Vernehmungsbeamter versicherte ihr, dass solche Dinge immer aufbewahrt würden und dass Polizeiakten oberste Priorität hätten, wenn sie vor dem deutschen Angriff 1941 aus Moskau an einen sicheren Ort gebracht würden. (Seiten 71-72)“
Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator
Otto Wolf (* 01.03.1902- † 08.10.1943)
naumburg1933.de und |
Otto Wolf |
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Von unserem Haus sah ich nur den Schatten
Seit 1930 geht der Markthelfer und Heizer Otto Wolf seiner Arbeit im Kaufhaus Cohn in der Herrenstraße nach, als er hier am 2. Juni 1937 verhaftet wird. Über seine Vernehmung am 3. Juni 1937 im Rathaus existiert ein Vernehmungsprotokoll. Bekannte erkennen ihn auf dem Weg vom Rathaus in das Polizeigefängnis am Jacobsring nur schwerlich wieder. Am 4. Juni 1937 wird er in Gerichtsgefängnis (Naumburg) eingeliefert. Nicht erst jetzt beginnen die Schwierigkeiten in seinem Leben. In ärmlichen Verhältnissen wird er am 1. März 1902 in Leipzig-Kleinzschocher geboren. Als der Großvater 1905 stirbt, zieht die Familie Wolf nach Naumburg, erinnert sich Frau Margarete (Jahrgang 1913), die Schwester von Otto Wolf. (Vgl. Kaufmann 2005a)
In Naumburg übernehmen Ottos Eltern die von den Großeltern geführte Gaststätte Zur Wolfsschlucht – Moritzstraße 48 – nebst einem dazugehörigen kleinen Lebensmittelgeschäft. In die Gaststube, zu der noch ein Vereinszimmer gehört, gelangt man durch den Laden. Aus dem Vereinszimmer führt eine Tür in den Flur, von dem man zum Hof kommt. Hier befindet sich das Pissoir, in dem ihr Vater zu Tode stürzte, erzählt Margarete. Ein Versicherungsgeld gibt es nicht, weil die ärztliche Diagnose einen Herzschlag erkannte. Nach dem Tod der Großmutter muss das Haus verkauft werden und die Familie aus der zur Gaststätte gehörenden Wohnung in eine kleinere Wohnung im Haus umziehen. Zwölf Mietparteien teilen sich im Haus Moritzstraße 48 drei Plumpsklos ohne Wasserspülung. Zur Wohnung gehört neben der Küche, die als einziger Raum beheizbar ist, noch ein Raum in Richtung Garten und ein kleines Schlafzimmer. Unter dem Küchenfenster befindet sich die Aschengrube, die ebenfalls von allen Mietern genutzt wird. Wasser holt man sich auf dem Hof. In den zwanziger Jahren erfolgte die Elektrifizierung. 1919 wird die „Wolfsschlucht“ von Marta Wolf, der Witwe, betrieben. Doch bereits 1921 findet man sie nicht mehr im Branchenverzeichnis. (Nach Kaufmann 2005a und 2005b) Otto Wolf ist elf Jahre alt, als der Vater stirbt beziehungsweise verunglückt. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Familie muss er nach Absolvierung der Grundschule als Hilfsarbeiter zum Lebensunterhalt seiner Familie (Mutter und jüngere Schwester) beitragen. Deshalb kann er keinen Beruf erlernen und erlebt so sehr früh die strukturelle Gewalt der Ökonomie. 1917 stellt ihn eine Baufirma in Leuna als Hilfsarbeiter ein. Im Jahr darauf tritt er der Freien Sozialistischen Jugend bei. Im Leuna-Werk beteiligt er sich 1921 aktiv an den militärischen Kämpfen. Wegen Teilnahme am bewaffneten Haufen stellt man ihn vor das Landgericht Wittenberg. Das Urteil fällt in der Sitzung vom 13. Mai 1921: ein Jahr Gefängnis. Sein Rechtsanwalt Alfred Weyler aus Merseburg besteht in seinem Gnadengesuch vom 1. November 1921 darauf:
Am 13. März 1922 wird der GefangeneMoritzstraße 48 Naumburg, Gasse des Handwerks und Gewerbes, entlassen (Vgl. Kaufmann 2005b, Wolf 1921). Ein Leuna-Kämpfer hat es schwer eine bezahlte Arbeit zu finden. Überdies erhält er wegen Diebstahl noch eine weitere Vorstrafe (vgl. Wolf 3.6.1937). Im Übrigen ist Langzeitarbeitslosigkeit für die Naumburger in den zwanziger Jahren nichts Besonderes. Von kurzen Episoden unterbrochen, hält diese bei Otto Wolf bis 1934 an. 1927 heiratet er Marta, geborene Thiersch. Ein Jahr darauf wird Sohn Peter geboren. 1930 pachtet er im Spechsart 100, heute Auenblick 18, für jährlich 480 Reichsmark 3 Morgen Acker. Hier wohnt jetzt die Familie. Ich „beschäftige mich hauptsächlich mit Obst- und Gemüsebau, sowie Viehzucht“, teilt er im Verhör am 3. Juni 1937 der Naumburger Ortspolizeibehörde mit. Dies hilft, die schwere Zeit mit geringem Einkommen zu überstehen. Seine Frau betreibt ab 1936 eine Wandergewerbe mit Hausschuhen.
Er ist aktives Mitglied im Verein Die Naturfreunde, die sich zum demokratischen Sozialismus bekennen. Außerdem engagiert sich Otto im Verein der Gemeinschaft der proletarischen Freidenker (GpF). Damit weiß er sich in einer Tradition, die 1905 mit der Gründung der Freidenker für Feuerbestattung beginnt, woraus sich 1908 der Zentralverband Deutscher Freidenker formiert und ab 1922 als Gemeinschaft proletarischer Freidenker agiert. Die Freidenker möchten eine konsequente Trennung von Staat und Kirche, die Förderung der naturwissenschaftlichen Bildung, weltanschauliche Toleranz und die Befreiung von repressiv-religiösen Glaubensbekenntnissen – immer eng verbunden mit dem Suchen und Streben nach einem aktiven, sinnerfüllten Leben. Otto Wolf leitet ab Mitte der 20er Jahre die GpF. Ihr Versammlungsort ist der Goldene Hahn, das zugleich Stammlokal der KPD ist. Bereits 1929 ruft die KPD zur Gründung eines Verbandes proletarischer Freidenker Deutschlands auf, der bereits im Mai 1932 verboten wird.
In seiner Hamburger Rede vom 8. August 1930 gibt Ernst Thälmann unter der Losung „Wir stürmen für Sowjetdeutschland!“ die Orientierung: „Wir dringen in alle proletarischen Massenorganisationen ein, in die Freidenkerorganisationen, in die Sportbewegung, in die Massen der am meisten ausgebeuteten Jungarbeiter, ja, wir dringen sogar in die Reichswehr ein – wie das rote Banner des Kreuzers „Emden“ bewies -, um die Kräfte der revolutionären Klassenfront zu verstärken.“ Aber – daraus lässt sich nicht die Position von Otto Wolf extrahieren. Als Vorsitzender der Ortsgruppe der GpF sucht er die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Linken Gruppen in der Stadt, nutzt dabei vielfältige Formen der Geselligkeit und alternativen Lebenskultur. Für ihn sind die Freidenker keine Unterabteilung der KPD, wie Der sozialistische Freidenker 1927 im Heft Nummer eins ausführt (siehe oben).
Von 1918 bis 1919 gehört er der Freien Jugend an. Etwa ab 1921 bis zu ihrem Verbot leitet der Arbeiter die FAUD-Ortsgruppe (Naumburg). „In den ersten Jahren“, teilt er bei der Vernehmung im Jun 1937 mit, „zählte unsere Ortsgruppe etwa 40 Mitlgieder. Zuletzt gehörten wir nur noch 3 Mann der Ortsgruppe an.“
Die FAUD (Freie Arbeiter-Union Deutschland) gründetesich am 15. September 1919 aus der Freien Vereinigung Deutscher Gewerkschaften (FVDG). Um 1925 zählt die Organisation etwa 200 000 Mitglieder. Ein Zentrum befindet sich im Ruhrgebiet. Viele ehemalige Kämpfer der „Roten Ruhrarmee“ gehören ihr an. Auf Initiative der FAUD schließen sich Weihnachten 1922 verschiedene anarchosyndikalistische Gruppen aus Europa und Amerika in Berlin in der Internationalen Arbeiter-Assoziation (IAA) zusammen; grundsätzlich anders im Führungsstil und in der Organisation als die Rote Gewerkschaftsinternationale (RGI). Die Anarchosyndikalisten engagieren sich in der Frauenbewegung, erstreben deren Emanzipation und gehen dabei unkonventionelle Wege oder initiieren alternative Wohnprojekte.
Ausserdem arbeitet er bei der Arbeiterbörse für Mitteldeutschland zwischen den Orten Bitterfeld, Eilenburg, Oschatz, Döbeln, Frankenberg, Chemnitz, Aue, Plauen, Saalfeld, Jena, Naumburg, Merseburg und Halle mit (vgl. Syndikalist, Nr. 23/1923). Otto Wolf gehörte nicht der KPD an. Ihm fiel es schwer, die stalinistisch imprägnierten Führungsmethoden der KPD zu akzeptieren. Seine linke politische Grundhaltung macht ihn zur Hassfigur der Naumburger Nationalsozialisten. Darüber berichtet seine Frau Martha:
Blick in Richtung des ehemaligen
So etwas kam öfters vor und war darum nichts Besonderes. Als er an die Tür ging, wurde gleich auf ihn geschossen. Zum Glück wurde er nicht getroffen. Aber die Geschoßeinschläge blieben noch Jahre im Türrahmen, bis zum Abbruch des Hauses. Wir benachrichtigten die Polizei, die ein Protokoll aufnahm. Dann hörten wir lange nichts darüber. Schließlich erhielten wir nach vielen Wochen den Bescheid, die Ermittlungen seien eingestellt. Die vorhandenen Spuren waren nicht untersucht worden. Es war offensichtlich, das niemand an der Aufklärung dieses Falles interessiert war. – Hätten die Nazis den Täter doch in ihren eigenen Reihen gefunden.“ (Wolf 1982)
Nach der Machtübergabe an Hitler 1933 fanden im Haus von Otto Wolf immer wieder Hausdurchsuchungen statt. Er wird oft zu Vernehmungen vorgeladen. Sein Haus Spechsart 100 (1940 Auenblick 18), das längst nicht mehr steht, lässt sich schlecht unbemerkt überwachen. Seine Lage war gut für illegale Treffen und den Umschlag von Literatur geeignet. Der Regierungspräsident von Merseburg entzieht ihm beziehungsweise seiner Ehefrau am 6. November 1936, also etwa ein halbes Jahr vor seiner Verhaftung, die Gewerbeberechtigung zum Handel mit Hausschuhen.Seine Schwester arbeitet im Kaufhaus Cohn als Verkäuferin. Otto findet hier 1934 als Heizer eine Anstellung. Schon weit vor seiner Verhaftung sucht die Polizei hier im Heizungskeller vergeblich nach illegalem Material.
Aber mit Beginn des spanischen Bürgerkrieges, schreibt Hartmut Mehringer in seinem Beitrag zum „Arnarcho-Syndikalisten“ (1994), „intensivierte die Gestapo ihre Fahndungs- und Verfolgungsmaßnahmen gegen die FAUD beträchtlich, da sie politische Attentate mit entsprechender Signalwirkung fürchtete. Im Frühjahr 1937 gelang es ihr, die Organisation der FAUD definitiv aufzurollen und auszuschalten. Allein in Westdeutschland wurden 100 Aktivisten verhaftet, in Leipzig etwa 40, in Berlin rund zwei Dutzend.“ Am 2. Juni 1937 wird Otto Wolf verhaftet. Die Vernehmung im Rathaus Naumburg erfolgt unter Anwendung von körperlicher Gewalt (Folter). Zwei Tage später kommt er in das Polizeigefängnis am Jacobsring. Den Haftbefehl stellt das Amtsgericht Naumburg am 4. Juni 1937 aus. Darüber wird Oberbürgermeister Friedrich Uebelhoer auf vertraulichem Weg infomiert. Vom 12. bis 13. November 1937 tagt in Halle das 5. Kammergericht Berlin unter Leitung von Ministerialdirektor Jäger (Berlin) mit den Beisitzern Kammergerichtsrat Reeck, Kammergerichtsrat Dr. Taeniges, Dr. Stäckel und Amtsgerichtsrat Hübener. Die Staatsanwaltschaft stützt sich im Metka-Prozess auf den Bericht der Staatspolizei Leipzig vom 26. Mai 1937. Wolf und die anderen sind des
angeklagt, „mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung des Reiches“ ändern zu wollen. Sie möchten die Betriebe in die Hände der Arbeiter, den Boden in die Hände der Landarbeiter und Gärtner geben, also eine Enteignung der Besitzer. „Deshalb kämpft mit uns gegen Hitler, für ein freies sozialistisches Rätedeutschland“, war das Motto der Widerstandsgruppe laut Metka-Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft stützt sich bei ihrer Beweisführung auf anarchistische Schriften, die Wolf von Ferdinand Götze übernahm. Es handelt sich dabei um die Zeitschriften „Sozialistische Revolution“,
Mit der ersten Zeitschrift ist die „Die soziale Revolution“ gemeint, die Ferdinand Götze (1907-1985) herausgab. Der Modelltischler übernimmt im September 1933 die Leitung der FAUD und vernetzt alle lokalen Initiativen. In dieser Mission besucht er mehrmals die Familie Otto Wolf im Spechsart. „Der Tischler Ferdinand Götze aus Leipzig“, gibt Otto Wolf bei seiner Vernehmung im Juni 1937 in Naumburg zu Protokoll, „ist mir von der früheren Bewegung her, in welcher er führender Funktionär war, persönlich bekannt. Er ist vor der Machtübernahme verschiedentlich in Naumburg in KPD- und SPD-Versammlungen als Diskussionsredner aufgetreten. Ostern 1933 kam mich Götze in meiner Wohnung besuchen. Er hat sämtliches Material von der Bewegung, das noch in meinem Besitz war, mitgenommen. …. Etwa zu Pfingsten 1933 kam Götze wieder zu mir. Er gab mir zu verstehen, dass er beauftragt sei, die Organisation der FAUD weiter zu führen …. Er forderte mich schliesslich auf, meine früheren Gesinnungsgenossen weiter zu kassieren, um die illegale Zeitung herauszugeben. Ich habe mich damit einverstanden erklärt …. Nach einigen Monaten wurde ich wieder von Götze aufgesucht. Dies kann im Juli oder August 1933 gewesen sein. Bei dieser Gelegenheit zeigte er mit eine verbotene Schrift, und zwar war es ein Fotoabzug in der Größe von einer Postkarte. Der Inhalt der Schrift behandelte die Inhaftierung u. Ermordung von Erich Mühsam in Oranienburg.“ (Wolf 3.6.1936)
Ende 1934 flieht Götze über die Tschechei, Italien, Frankreich und Spanien. 1936 nehmen viele Anarchisten als Mitglied der 1934 gebildeten DAS (Deutsche Anarchosyndikalisten im Ausland) am Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten derConfederación Nacional del Trabajo (CNT) und der Federación Anarquista Ibérica(FAI) teil. Die sowjetische Geheimpolizei verfolgt ihn. Er flieht nach Norwegen (1938) und findet schließlich in Schweden seine neue Heimat, wo er 1985 stirbt.
Ferdinand Götze ist der Sohn von Anna Götze (1875-1958). Beide, sowie auch Ferdinands Schwester Irma und ihr Freund Karl Brauner (1914-1994) engagieren sich in der FAUD. Ebenso Ferdinands Frau, Elly Büchner. In Götzes Leipziger Wohnung Siegesmundstraße 6 führen sie avantgardistische Gespräche über Liebe, Sexualität und Faschismus. – Es ist meines Erachtens eine realistische Annahme, dass Otto Wolf auch bei den Götzes in Leipzig war. Auch vonMax Römer wissen wir um diese enge Verbindung. In der Vernehmung im Juni 1937 gibt Otto Wolf an, den Schriftsetzer Paul Bauer, wohnhaft Leipzig, Marienstrasse 24, seit 1920 zu kennen, der ebenfalls bis 1933 in der FAUD sehr aktiv war. Freundschaftliche Verbindungen bestanden seit 1930 zum Arbeiter und FAUD-Mitglied Herbert Schäfer in Riesa-Gröba. Kontakt hielte er zu Richard Thiede aus Leipzig. „Im Laufe einer Aktion der Gestapo gegen die illegale FAUD im Bezirk Leipzig die zur Festnahme des Provinzialen Börsenkassierers Richard Thiede führte,“ heisst es in der Anklageschrift (verfasst von Oberstaatsanwalt Potjan, Generalstaatsanwaltschaft beim Kammergericht Berlin) am 31. Juli 1937: „wurden Verbindungen der Reichsleitung nach Naumburg, Bitterfeld und Holzweißig festgestellt. Die Verbindungen waren von dem ins Ausland geflüchteten Reichsleiter der illegalen Organisation Ferdinand Götze geknüpft. Ziel war frühere Mitglieder organisatorisch zusammenzuschließen. Die FAUD wollte in indirekten Aktionendie gesamte staatliche und gesellschaftliche Ordnung beseitigen.“ Mit der in der Anklageschrift gegen Wolf genannten Zeitschrift „Deutschtum im Ausland“ ist sehr wahrscheinlich „Deutschtum im Ausland. Blätter zur Pflege deutscher Art“ gemeint. Dies ist ein Tarnname für die vier Ausgaben 1934/35 der in Barcelona, Amsterdam, Paris und Stockholm erscheinende
Sie wird von der IAA herausgegeben. In der zweiten Ausgabe vom Oktober / November 1934 erhält der Leser folgende Hinweise zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus:
Nicht weniger schwer wiegen bei der Verhandlung in Halle vor dem 5. Senat des Kammergerichts Berlin, die Aussagen früherer Weggefährten – Otto Schumann, Rudolf Nagel, Hermann Hesse und Voß aus Mertendorf sowie Franke aus Teuchern – zu dessen politischen Aktivitäten. Die Zeugen waren dabei, als sich Otto Wolf und Ferdinand Götze auf dem Grundstück im Spechsart 100 beziehungsweise Auenblick 18 – in den Jahren 1933 und 1934, etwa vierteljährlich trafen. Doktor jur. Gustav Hahn (Naumburg, Herrenstraße 5) teilt seinen Mandanten am 12. Oktober 1937 mit, dass er am Donnerstag in die Sprechstunde kommen soll, um „die vier ungünstigen Zeugenaussagen (zu) besprechen.“ Ungünstig? Es sind ehemalige Gleichgesinnte, die hier gegen Wolf aussagen. Das ist Verrat! Gegen die Angeklagten ergehen am 13. November 1937 folgende Urteile:
Für fünf Jahre aberkennt das Gericht Metka, Wolf und Ebert die bürgerlichen Ehrenrechte. In Naturalform bezahlt er 1937 seinen Strafverteidiger Dr. Gustav Hahn aus Naumburg.
Als Häftling im „Roten Ochsen“ (Halle) arbeitet Otto Wolf zeitweise in derGefangenen-Außenarbeitsstelle Saaledurchstich Trebitz bei Wettin. Hier dürfenihn seine Frau Martha und ihre Mutter am 28. August 1938 besuchen. Im Sommer des folgenden Jahres meldet er sich wieder. Auf einer Postkarte vom 27. Juli schreibt er an seine Frau in Naumburg:
Am 6. Dezember 1940 wird er aus dem Zuchthaus Halle („Roter Ochse“) nach Naumburg entlassen.
Als ehemaliger politischer Strafgefangener unterliegt er der ständigen Aufsicht durch die Ortspolizeibehörde. Bereits vor seiner Entlassung, am 4. November 1940, erhält der Naumburger Oberbürgermeister durch die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Halle Instruktionen zur weiteren Überwachung von Otto Wolf. Dazu gehört nicht nur die Kontrolle seiner Meldepflicht. Es erfolgt eine umfassende Überwachung. Die Stapo fordert: “Die überwachte Person darf von der Überwachung – außerhalb der Überwachung – keine Kenntnis erhalten.“ Weiterhin soll verhindert werden,
Der Oberbürgermeister und der in Naumburg bei den Gegnern des Nationalsozialismus berüchtigten Krimanalsekretär Scholz melden am 4. Februar 1941 an die Stapo in Halle:
Bei der „Holzverarbeitungsfabrik“ könnte es sich vielleicht um die Werkstatt von Muck-Lamberty handeln …? Die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Halle, weist am 25. August 1941 den Oberbürgermeister Naumburg an, Otto Wolf weiter zu überwachen. Am 23. Mai 1942 wird die Meldepflicht für den Anarchisten aufgehoben. Aus dieser Zeit berichtet sein Sohn Peter (geboren 1928):
Vom 15. Januar 1943 datiert sein „Bereitstellungsbefehl“. Zusammen mit anderen Naumburger Antifaschisten zieht man ihn in die berüchtigte Strafdivision 999 nach Heuberg bei Sigmaringen (Württemberg) ein. Seiner Frau erzählt er, daß Angehörige der Strafeinheit, oft wegen geringfügiger Übertretungen der Vorschriften und Anweisungen, standrechtlich erschossen wurden.
erinnert sich Martha Wolf,
Er sagte zu mir:
Mit Datum vom 19. Januar 1944 erhält Martha per Brief von Kompaniechef Müller folgende Nachricht:
Otto Wolf prägten die Kämpfe in Leuna, die Weltwirtschaftskrise und seineErfahrungen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Der Werkmann trat für eine
Otto Wolf (1902-1943)
Seine große Liebe war Martha. Immer standen sie füreinander ein. Beide waren fest mit ihrer Heimat, der Stadt Naumburg und ihrem Häuschen mit Garten im Auenblick verbunden. Wie schwer muss es wohl gewesen sein, als Martha erfuhr, dass ihr Otto aus dem Kriegseinsatz n i e w i e d e r in den Auenblick zurückkehren wird? Ihr blieben liebevolle Zeilen, die er an sie nach der Überführung vom hiesigen Gefängnis in den Roten Ochsen (Halle) am 9. November 1937 schrieb:
Anmerkung: Im Dezember 2014 mussten an Hand von Archivmaterialen einige Daten korrigiert und bestimmte Textabschnitte mit Fakten ergänzt werden.
Anklageschrift von Oberstaatsanwalt Potjan gegen Alfred Metka und andere. Bundesarchiv Berlin NJ 13 128 Berner, Rudolf: Die Unsichtbare Front. Bericht über die illegale Arbeit in Deutschland (1937). Libertad Verlag Potsdam 1997 Bibliothek, Stiftung Gedenkstätten Sachsen, Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale), Am Kirchtor 20 b, 06108 Halle – 30. Juli 2008 Brief von Rechtsanwalt Dr. jur. Gustav Hahn, Herrenstraße 5, Naumburg (Saale), den 12. Oktober 1937 an Herrn Otto Wolf, Naumburg, Roonplatz 5 [Strafgefängnis Naumburg], unveröffentlicht Brief von Otto Wolf an [seine Frau] Martha Wolf in Naumburg/Saale, Spechsart 100 vom 9. November 1937, unveröffentlicht Brief von Rechtsanwalt Dr. jur. Gustav Hahn, Herrenstraße 5, Naumburg (Saale), den 19. November 1937 an Herrn Martha Wolf, Naumburg, Spechsart 100, unveröffentlicht Brief des Gefangenen=Außenarbeitsstelle, Saale Durchstich Trebitz, an Martha Wolf in Naumburg/Saale, Spechsart 100, vom 24. August 1938, unveröffentlicht Brief von Kompanie-Chef Müller (Dienststelle Fp. Nr. 56 926 B.) an Frau Wolf vom 19. Januar 1944. Amtlich beglaubigte Abschrift vom 17.2.1975, unveröffentlicht Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Halle (Saale), Halle, den 4. November 1939, an den Herrn Oberbürgermeister der Stadt Naumburg als Ortspolizeibehörde in Naumburg, Betrifft: Strafhäftling Otto Wolf, unveröffentlicht [Gerichtsgefängnis] Wolf, Otto [Mitteilung über die Einlieferung in das Gerichtsgefängnis]. Naumburg, 5. Juli 1937. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, DY 55 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, DY 55/V 287/488 Entlassungsschein. Der Arbeiter Otto Wolf …. Zuchthaus Halle, Halle, den 6. Dezember 1940, unveröffentlicht Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht, Berlin, dem 9. Dezember 1940 Elßholzstraße 40, an den Herrn Oberbürgermeister der Stadt Naumburg als Ortspolizeibehörde in Naumburg, in der Strafsache gegen Metka [Otto Wolf], unveröffentlicht Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Halle (Saale), Halle, den 4. November 1940, an den Herrn Oberbürgermeister der Stadt Naumburg als Ortspolizeibehörde in Naumburg, Betrifft: Nachüberwachung des – der Otto Wolf, unveröffentlicht Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Halle (Saale), Halle, den 23. Mai 1941, an den Herrn Oberbürgermeister der Stadt Naumburg als Ortspolizeibehörde in Naumburg, Betrifft: Nachüberwachung des – der Otto Wolf, unveröffentlicht Jäger, Rudolf [Aussage zur Tätigkeit in der FAUD (Freie Arbeiter-Union)]. Bundesarchiv Berlin, Bestandssignatur: DY 55 / Archivnummer. V 287/488 Kaufmann, Eberhard: Topfstricker in der Wolfsschlucht. Die Naumburger Moritzstraße. „Naumburger Tageblatt“, Burgenland-Journal, Naumburg, den 25. Juni 2005 [a], Seite VII Kaufmann, Eberhard: Gasse des Handwerks und Gewerbe. Naumburger Moritzstraße erlebte Blütezeit im frühen 20. Jahrhundert – Verfall in der Nachkriegszeit – Heute stehen viele Gebäude leer. In: „Naumburger Tageblatt“, Burgenland-Journal, Naumburg, den 25. Juni 2005 [b], Seite VII Kurzbiografie über Otto Wolf. Herkunft unbekannt, Jahr 1960 (nur grobe Schätzung möglich), unveröffentlicht Mehringer, Helmut: Anarcho-Sydikalisten. In: Lexikon des deutschen Widerstandes, Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 1994, Seite 161 ff. Staatsanwalt Bischoff gegen Alfred Metka (geboren 9. April 1898) und andere. Bundesarchiv Berlin NJ 13 128 Thälmann, Ernst: Wir stürmen für Sowjetdeutschland! Rede in Hamburg 8. August 1930. Ernst Thälmann Reden und Aufsätze. Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band 2, Auswahl aus den Jahren November 1928 bis September 1930, Dietz Verlag Berlin 1956, Seite 151 ff. Vernehmungsprotokoll Otto Wolf der Ortspolizeibehörde Naumburg vom 2. Juni 1937. Bundesarchiv Berlin, Finckensteinallee 63, DY 55/V 287/488, Archivnummer: V 287/488 Vertrauliche Information über die Verhaftung von Otto Wolf, 5. Juni 1937. Bundesarchiv Berlin, Finckensteinallee 63, DY 55/V 287/488 Vfg. [ [Verfügung] 1. Schreiben an die Staatspolizeistelle Halle (Saale), Nmb., den 4. Februar 1941, D.Obgm. als OPBeh. [Der Oberbürgermeister als Ortpolizeibehörde] i.V. [Unterschrift], unveröffentlicht [Wolf, Otto] Zur Person. Aus Vernehmungsprotokoll Otto Wolf der Ortspolizeibehörde Naumburg vom 2. Juni 1937. Bundesarchiv Berlin, Finckensteinallee 63, Bestandssignatur DY 55, Archivnummer: V 287/488 Wolf, Otto. Postkarte an [seine Frau] Martha Wolf in Naumburg/Saale, Spechsart 100, vom 28. Juli 1937 [Poststempel], unveröffentlicht Wolf,Otto. An [seine Frau] Martha Wolf in Naumburg/Saale, Spechsart 100, vom 9. November 1937 [Poststempel], unveröffentlicht Wolf, Otto: Ein Märzkämpfer des Jahres 1921 in Leuna. Ein Dokument der Kommission zur Erforschung der Betriebsgeschichte bei der Kreisleitung der SED des VEB Leuna-Werke „Walter Ulbricht“, 1982, unveröffentlicht [Wolf, Otto] Zur Person. Aus Vernehmungsprotokoll Otto Wolf der Ortspolizeibehörde Naumburg vom 2. Juni 1937. Bundesarchiv Berlin, Finckensteinallee 63, DY 55/V 287/488 Wolf, Otto: Urteil der Sitzung des Landgerichts Wittenberg vom 13. Mai 1921. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Merseburg, Wittenberger Strafprozessakten des Staatsanwalts beim Landgericht Wittenberg, Rep. C 133 Wolf, Otto Karl August: Zur Person [Vernehmungsprotokoll]. 3. Juli 1937. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, DY 55 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, DY 55/V 287/488 Wolf, Otto [zu]. In: Dokumentation, Bundesarchiv Berlin, NJ 13 128 Zitzmann, Friedrich (Hünstetten-Wallbach): Meine Kindheit in der Moritzstraße. Internetseite des Stadtmuseums Naumburg, www.museumnaumburg.de, Januar 2006
Weiterführende Literatur Berner, Rudolf : Die Unsichtbare Front. Bericht über die illegale Arbeit in Deutschland (1937). Libertad Verlag Potsdam, 1997 Döhring, Helge: Generalstreik: Abwehrstreik…Proteststreik…Massenstreik? Streiktheorien und -diskussionen innerhalb der deutschen Sozialdemokratie vor 1914. Grundlagen zum Generalstreik mit Ausblick, Edition Av, 2010 Helge Döhring, Roman Danyluk: FAU – Die ersten 30 Jahre (Broschiert), Edition Av, 2008 Die großen Streiks: Episoden aus dem Klassenkampf (Broschiert) von Helge Döhring (Autor), Holger Marcks (Herausgeber), Matthias Seiffert (Herausgeber) Danksagung * Bild mit Ferdinand Götze (1907-1985) aus: Rudolf Berner: Die Unsichtbare Front. Bericht über die illegale Arbeit in Deutschland (1937). Libertad Verlag Potsdam, 1997. Postfach 800 162, D-14427 Potsdam. Im Buchhandel unter ISBN-Nr.: 3-922226-23-X. – siehe auch: http://www.libertad-verlag.de/libertad_507.htm ** Ich danke herzlich Herrn Wilfried Hoog (Köln) von radio chiflado für die Überlassung des Radio-Beitrags zu Anna Götze – 6. Oktober 2008. Herzlich Dank an Helge Döhring (Bremen) für die Quellenhinweise und die inhaltliche Unterstützung zumJahr 1923. – 2. August 2009
Nachtrag 19. Februar 2012 Zur Würdigung von Otto Wolf (Naumburg) siehe auch: Mit Vorlage dieser Website über Otto Wolf (Naumburg an der Saale) publizierte Helge Döhring (Bremen) eine weitere biografische Arbeit: Helge Döring: Kein Befehlen, kein Gehorchen! Die Geschichte der syndikalistisch-anarchistischen Jugend in Deutschland seit 1918. Apropos Verlag, Bern 2011, Seite 218 bis 222 |
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Autor: Detlef Belau |
Geschrieben: April 2005. Aktualisiert: 20. Februar 2012 / 27. Dezember 2014 |
Erich Dürre (*1900)
- Otto Bethke (* 1888– † 1970), Kraftfahrer, aus Oberschöneweide,
Siemensstraße 21 - Johann Gegodowski (* 1884–† 1976), Arbeiter, aus Oberschöneweide,
Deulstraße 8 - Hans Franz Spaltenstein (*1907), aus Oberschöneweide,
An der Wuhlheide 214
Das Kammergericht verurteilte Hans Spaltenstein zu zwei Jahren Zuchthaus. Johann Gegodowski erhielt ein Jahr und vier Monate und Otto Bethke ein Jahr und drei Monate Gefängnis.
Bei zwei weiteren Verhafteten, Anna Clamann geb. Schöneberg, und dem Arbeiter Erich Dürre (*1900), beide aus Niederschöneweide, wurde vermutlich keine Anklage vor dem Kammergericht erhoben.
aus der Anklageschrift vom Oktober 1937
Quelle: www.gdw-berlin.de
Anna Clamann geb. Schöneberg
- Otto Bethke (* 1888– † 1970), Kraftfahrer, aus Oberschöneweide,
Siemensstraße 21 - Johann Gegodowski (* 1884–† 1976), Arbeiter, aus Oberschöneweide,
Deulstraße 8 - Hans Franz Spaltenstein (*1907), aus Oberschöneweide,
An der Wuhlheide 214
Das Kammergericht verurteilte Hans Spaltenstein zu zwei Jahren Zuchthaus. Johann Gegodowski erhielt ein Jahr und vier Monate und Otto Bethke ein Jahr und drei Monate Gefängnis.
Bei zwei weiteren Verhafteten, Anna Clamann geb. Schöneberg, und dem Arbeiter Erich Dürre (*1900), beide aus Niederschöneweide, wurde vermutlich keine Anklage vor dem Kammergericht erhoben.
aus der Anklageschrift vom Oktober 1937
Quelle: www.gdw-berlin.de
Johann Gegodowski (* 1884–† 1976),
- Otto Bethke (* 1888– † 1970), Kraftfahrer, aus Oberschöneweide,
Siemensstraße 21 - Johann Gegodowski (* 1884–† 1976), Arbeiter, aus Oberschöneweide,
Deulstraße 8 - Hans Franz Spaltenstein (*1907), aus Oberschöneweide,
An der Wuhlheide 214
Das Kammergericht verurteilte Hans Spaltenstein zu zwei Jahren Zuchthaus. Johann Gegodowski erhielt ein Jahr und vier Monate und Otto Bethke ein Jahr und drei Monate Gefängnis.
Bei zwei weiteren Verhafteten, Anna Clamann geb. Schöneberg, und dem Arbeiter Erich Dürre (*1900), beide aus Niederschöneweide, wurde vermutlich keine Anklage vor dem Kammergericht erhoben.
aus der Anklageschrift vom Oktober 1937
Quelle: www.gdw-berlin.de
Otto Bethke (* 1888– † 1970)
- Otto Bethke (* 1888– † 1970), Kraftfahrer, aus Oberschöneweide,
Siemensstraße 21 - Johann Gegodowski (* 1884–† 1976), Arbeiter, aus Oberschöneweide,
Deulstraße 8 - Hans Franz Spaltenstein (*1907), aus Oberschöneweide,
An der Wuhlheide 214
Das Kammergericht verurteilte Hans Spaltenstein zu zwei Jahren Zuchthaus. Johann Gegodowski erhielt ein Jahr und vier Monate und Otto Bethke ein Jahr und drei Monate Gefängnis.
Bei zwei weiteren Verhafteten, Anna Clamann geb. Schöneberg, und dem Arbeiter Erich Dürre (*1900), beide aus Niederschöneweide, wurde vermutlich keine Anklage vor dem Kammergericht erhoben.
aus der Anklageschrift vom Oktober 1937
Quelle: www.gdw-berlin.de
Willi Boretti (* 1906 – † 1969)

Willi Boretti (1906–1969),
aus Adlershof, Gemeinschaftsstraße 30
Der Schriftsetzer und spätere technische Zeichner Willi Boretti war von 1921 bis 1923 in der kommunistischen Jugend in Baumschulenweg organisiert, bevor er sich den Anarchisten anschloss. 1926 wurde er Mitglied der FAUD, Ortsverein Adlershof. 1928 war er Leiter der Hauptstelle der Anarchistischen Jugend und in den Folgejahren Teilnehmer an Konferenzen der Berliner „Provinzial-Arbeiterbörse“. Nachdem die Adlershofer Gruppe aus der Syndikalistischen Bewegung ausgetreten war (s.o.), verließ Boretti wenig später den Ortsverein. Im August 1936 erhielt Willi Boretti Besuch von einem schwedischen Staatsangehörigen und früheren Jungsozialisten namens Rudolf Berner, einer Ferienbekanntschaft von 1928/29. Berner gab vor, auf dem Weg in die Tschechoslowakei und Österreich zu sein. Im März 1937 tauchte Berner, vermutlich aus dem vom Bürgerkrieg umkämpften Spanien kommend, wieder in Berlin auf und versuchte mit Hilfe von Boretti, Kontakte zu alten Mitgliedern der anarchistischen Föderation zu knüpfen. Eines der Ziele war dabei laut Borettis Sohn Giordano, anarchistische Gesinnungsgenossen aus Skandinavien durch das Deutsche Reich nach Spanien zu schleusen. Bereits am 3. Mai 1937 wurde Willi Boretti von der Gestapo verhaftet. Wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens unter erschwerenden Umständen“ verurteilte das Berliner Kammergericht am 9. Februar 1938 Rudolf Ludwig zu drei Jahren und Friedrich Dettmer zu zwei sowie Willi Boretti zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus. Willi Boretti galt nach seiner Haft als „wehrunwürdig“ und war während des Krieges als Betriebsingenieur bei Mannesmann in Adlershof tätig. Er hatte freundschaftlichen Kontakt zu Fremdarbeitern und hielt auch während des Krieges Verbindung zu anarchistischen Gesinnungsgenossen. Ein Treffpunkt war eine Buchhandlung in Berlin-Lichtenberg in der Nähe des S-Bahnhofes Ostkreuz. Gegen Ende des Krieges wurde er zur „Organisation Todt“ zwangsverpflichtet. Im Rahmen der so genannten Ardennenoffensive eingesetzt, geriet er schließlich für einige Monate in amerikanische Kriegsgefangenschaft. (Nach dem Krieg trat er 1946 zwar der SED bei, wurde aber bereits Anfang der 50er Jahre politisch kaltgestellt und schließlich aus der Partei ausgeschlossen. Er musste daraufhin auch einen beruflichen Abstieg erleben und verstarb im Jahre 1969.)
Willi Boretti erinnert sich 1945:
„Die Arbeiterbewegung hatte aus der Spaltung der 1. Internationale (der sozialdemokratischen Parteien im Ersten Weltkrieg, d. Verf.) nicht gelernt. Da alle sog. Arbeiterorganisationen im Geist der Rechthaberei und Unduldsamkeit durchdrungen waren, schloss ich mich keiner Partei an, sondern sah meine Aufgabe in der Versöhnung und Problemlösung. Meinen Fähigkeiten entsprechend hielt ich Vorträge bei allen Parteien, Gruppen und Gewerkschaften, die sozialistischen Zielen zustrebten. Ich übersetzte aus fremden Sprachen, besuchte Kongresse im In- und Ausland. Als Mitglied verschiedener Hilfsorganisationen setzte ich meine kleinen materiellen Mittel ein, um auch auf diesem Gebiet die
Völkergemeinschaft praktisch zu demonstrieren. 1933 zeigte sich dann, dass alle Arbeit infolge der Starrköpfigkeit der beiden großen marxistischen Arbeiterparteien umsonst (gewesen) war. Wir hatten uns umsonst in Thüringen mit den Nazis 1923 herumgeschlagen, hatten in allen Jahren vergeblich versucht, den Bauern auf unsere Seite zu ziehen in Mecklenburg. Ich wurde im Sommer 1933 eines
der ersten Opfer des Faschismus in meinem Ort, verraten durch einen Genossen der KPD, der mit wehenden Fahnen ins andere Lager hinüberschwenkte. Nach 4 Monaten ließ man mich wieder frei.
Nun kam die Zeit der geistigen Vorbereitung auf die Zeit nach der Naziherrschaft; denn dass diese eines Tages fallen müsste, war für ich nur logisch.“
aus der Anklageschrift vom Oktober 1937
Quelle: www.gdw-berlin.de
Rudolf Ludwig (*1897 – † 1975)
Rudolf Ludwig (1897–1975),
aus Baumschulenweg, Baumschulenstraße 27
Der Bauarbeiter Rudolf Ludwig war bis 1933 Mitglied der Metallarbeiter-Föderation der FAUD. Im Laufe des Jahres 1934 wurde er von Erich Frese für die illegale Arbeit gewonnen. Ludwig erhielt von Frese in der Folgezeit größere Mengen Tarnschriften zur Verteilung an Gesinnungsfreunde; u.a. an Hans Franz Spaltenstein, Heinze, Georg Winger und Erich Dürre. Weiter sammelte er Beiträge zur Unterstützung verhafteter Mitglieder der FAUD ein.
Friedrich Dettmer (*1898)
Friedrich Dettmer (*1898),
aus Köpenick, Friedenstraße 4 bei Scholz
Der Mechanikergeselle Friedrich Dettmer trat der FAUD bereits 1923 bei und war der Berliner
Föderation der Metallarbeiter zugeteilt, bei der er zeitweilig die Funktion eines Schriftführers
innehatte. Im Frühjahr 1933 übernahm er die Kasse der Ortsgruppe Oberschöneweide, die
er Ende Oktober an Erich Frese übergab. Er nahm an illegalen Zusammenkünften der FAUD
teil, unterstützte in Haft geratene Gesinnungsgenossen mit nicht unerheblichen Geldbeträgen
und verteilte illegale Schriften, die er über Erich Frese erhielt.
aus der Anklageschrift vom Oktober 1937
Quelle: www.gdw-berlin.de
Erich Frese (geb. 1903 – † 1983)
Erich Frese, aus Oberschöneweide, Fuststraße 2

Der Arbeiter Erich Frese war langjähriges Mitglied im FAUD und verwaltete ab Oktober 1933 die Kasse der Ortsgruppe Oberschöneweide. Frese spielte eine wichtige Mittlerrolle zwischen der Berliner Ebene und den Basisgruppen. Über ihn lief beispielsweise die Verteilung der politischen Tarnschriften. Erich Frese wurde im Hauptprozess vor dem Kammergericht gegen „Schwalba und andere“ zu 3 Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.
aus der Anklageschrift vom Oktober 1937
Quelle: www.gdw-berlin.de