Beruf: Schlosser
Todesdatum: 30.01.1940
Todesursache: unbekannt
Todesort: KZ Sachsenhausen
von Hansi Oostinger
Heinrich Bartling wurde am 22. September 1880 in Bielefeld geboren. Über sein Leben lässt sich nur Bruchstückhaftes berichten. Er war Schlosser und lebte später in Kassel. Sein politischer Werdegang führte ihn gemeinsam mit anderen von der Kasseler Spartakus-Gruppe zur anarchosyndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD). Sie gründeten 1920 in Kassel eine Ortsgruppe der FAUD. Bartling war Revisor in deren ersten Vorstand. 1925 wird Heinrich Bartling zudem als Leiter der Kasseler Gruppe der Föderation kommunistischer Anarchisten in deren Organ „Der Freie Arbeiter“ erwähnt.
Aufgrund der mangelnden Verankerung der Kasseler FAUD in den Betrieben – sie hatte nur etwa 35 Mitglieder, die zudem zum größten Teil erwerbslos waren – lag der Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Agitation und Aufklärung der Arbeiter. Einen großen Einfluss hatten die Kasseler Anarchosyndikalisten allerdings in der lokalen Erwerbslosenbewegung.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Position der Kasseler FAUD in einer Debatte, die 1928 zum Tarifvertragswesen in der Gesamtorganisation aufkam, nachvollziehbar. Während andere Gruppen, die eine stärkere Verankerung in den Betrieben hatten, den Mitgliederrückgang ihrer Organisation durch einen pragmatischen Umgang mit der neuen, wenig revolutionären Institution Tarifvertrag aufhalten wollten, beharrten die Kasseler auf den Prinzipien der Direkten Aktion. So schrieb ein Mitglied der Kasseler Ortsgruppe, Willi Paul, im „Syndikalist“: „Dem Tarifvertragswesen liegt die Idee des Parlamentarismus zugrunde, der ja auch den Ausgleich schafft zwischen den verschiedenen Parteien, nur daß derselbe hier auf das Wirtschaftsgebiet übertragen ist. Parlamentieren heißt verhandeln, heißt die Arbeiterschaft ausschließen von der direkten Einflußnahme im Sinne ihrer eigenen Interessensforderungen. Der Arbeiter wird dadurch unselbständig gemacht, seines Klassendenkens beraubt, nicht zum Denken erzogen, er sucht nicht mehr nach neuen Mitteln und Methoden, um den Klassenkampf erfolgreich führen zu können, und er wird bar jeder Initiative, mutlos, der eigenen Kraft nicht mehr trauend, er wird degradiert zur Null, wartet auf seinen Führer, welcher am Verhandlungstisch bessere Lebensmöglichkeiten für ihn schaffen soll.“ (Der Syndikalist 33/1928)
Die FAUD gründete Ende 1930 in Kassel wie in anderen Städten auch die antifaschistische Wehrorganisation „Schwarze Schar“. Die FAUD Kassel hatte sich zwar am 15. Februar vorsorglich aufgelöst, um die Geld- und Sachwerte der Organisation vor dem Zugriff der Nazis zu sichern. Die Kasseler Anarchosyndikalisten versuchten aber auch nach der Machtergreifung der Nazis Widerstand zu leisten: So wurde etwa eine illegale Druckerei in einem Schrebergarten eingerichtet, und sie produzierten und verteilten mehrere Zeitungen. Über Kuriere fanden die Zeitungen auch eine überregionale Verbreitung. Neben illegalen Treffen führten sie auch Sammlungen für inhaftierte Genossen und deren Angehörige durch.
Am 1. September 1939 wurde Heinrich Bartling aufgrund einer Anti-Kriegs-Aktion verhaftet und kam am 16. September in „Schutzhaft“ ins KZ Sachsenhausen. Er bekam dort die Häftlingsnummer 002493 und war im Block 25 untergebracht. Am 30. Januar 1940 verstarb er dort.
Quellen:
AS, D1 A/1024, Bl. 305.
JSU 1/96, Bl. 033.
JSU 1/95, Bl 034.
StA Kassel, Wiedergutmachungsakte Heinrich Bartling.
Frenz, Wilhelm/Kammler, Jörg/Krause-Vilmar, Dietfrid (Hrsg.), Volksgemeinschaft und Volksfeinde. Kassel 1933 – 1945, Band 2, Studien, Fuldabrück 1987.
Informationsstelle zur Geschichte des Nationalsozialismus in Hessen (Hrsg.), Bericht Willi Paul, Universität Kassel, 1979.
Linse, Ulrich, Die „Schwarzen Scharen“ – eine antifaschistische Kampforganisation deutscher Anarchisten, in: Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit, No. 9, 1989.
Mümken, Jürgen, Anarchosyndikalismus an der Fulda. Die FAUD in Kassel und im Widerstand gegen Nationalsozialismus und Faschismus. Mit einer Einleitung von Helge Döhring, Frankfurt/Main 2004.
Ders., Im Kampf gegen Hitler und Franco. Zum 25. Todestag des Spanienkämpfers Willi Paul, in: Direkte Aktion, Nr. 163, Mai/Juni 2004, S. 14.
Der Freie Arbeiter, Nr. 42, 1925.
Der Syndikalist, Nr. 45, 1920.
Veröffentlicht in: Siegfried Mielke (Hrsg.) in Verbindung mit Günther Morsch: Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. Biographisches Handbuch. Band 3, Berlin 2005, S. 237-238