aus dem Archiv: 1. MAI 2000 IN PARIS

Vom 25. April bis zum 1. Mai 2000 fand in Paris das Treffen „Für eine andere Zukunft – vom Widerstand zur sozialen Alternative“ statt. Anarcho-SyndikalistInnen aus 20 Ländern waren dem Aufruf der CNT-F gefolgt und erlebten eine beeindruckende Woche.

Un autre futur – der 1. Mai 2000 in Paris

13.000 Menschen zogen am 1. Mai durch die Strassen von Paris. Im Defilée der Organisationen fiel ein Block besonders auf. Rund 4.000 AnarchosyndikalistInnen, darunter rund 200 aus dem Ausland machten den lebendigen und lautstarken schwarz-roten Lindwurm zum größten Block innerhalb der Mai-Demonstration. Zuvor hatte es eine eigenständige anarcho-syndikalistische Demonstration durch das 19. Arrondisement, das Paris der Commune, zum Sammelpunkt der gemeinsamen Demonstration gegeben. Nach Jahrzehnten der Agonie hat sich der Anarcho-Syndikalismus damit in beindruckender Weise in die französische ArbeiterInnen-Bewegung zurückgemeldet.

Paris – Mai 2000Die Demonstration bildete jedoch nur den Abschluss einer ganzen Woche von Veranstaltungen und Treffen. Unter dem Motto: „Für eine andere Zukunft – Vom Widerstand zur sozialen Alternative“ hatte die CNT-F ein Veranstaltungsprogramm organisiert, wie wir es schon lange nicht mehr gesehen haben. Den Einladungen in verschiedenen Sprachen waren auch

Anarcho-SyndikalistInnen und Revolutionäre SyndikalistInnen aus rund 20 Ländern gefolgt. So trafen sich in diesen Tagen Militante z.B. aus den USA, Südafrika, Sibirien, der Ukraine, Deutschland, der Schweiz, Spanien und Schweden um gemeinsam zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und zu feiern. Für die rund 50 aus Deutschland angereisten GenossInnen der FAU auch eine Gelegenheit, einmal jenseits der bisweilen grotesken Auseinandersetzungen innerhalb der weltweiten „schwarz-roten Familie“ das Verbindende zu entdecken. Zumal aus allen möglichen Ecken der Welt zu hören war, dass es vorwärts geht. Ein mutmachendes Beispiel ist Frankreich selbst. Noch vor wenigen Jahren waren unsere GenossInnen dort eine kleine, marginalisierte Gruppe unter vielen. Heute sind sie dabei, sich zu einer kämpferischen anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft zu entwickeln, die in vielen sozialen Kämpfen präsent ist.

Neben diversen Branchentreffen und inhaltlichen Veranstaltungen hatte die CNT-F ein enormes Kulturprogramm organisiert. Dutzende von Filmen, Ausstellungen, Theaterstücken und Konzerten zeigten, wie es aussehen kann, wenn eine lebendige libertäre Kulturszene existiert. Ein Highlight war dabei sicherlich ein Chanson-Konzert, bei dem mehr als ein Dutzend InterpretInnen, darunter etliche in Frankreich sehr bekannte, auftraten. Da war es zu verschmerzen, dass Juliette Greco ihren Auftritt kurzfristig absagen musste. Um so mehr Applaus gab es dafür für eine Grussadresse des Filmemachers Ken Loach, der leider nicht kommen konnte, aber mitteilen ließ, die Zukunft gehöre uns und sie sei schwarz-rot. Es ist ganz sicher ein großer Verdienst der französischen GenossInnen von der CNT-F die enorme Bandbreite an FilmemacherInnen, SängerInnen und Theaterleuten zum ersten Mal unter einem Dach vereinigt zu haben.

Bleibt an dieser Stelle nur noch, uns bei den französischen GenossInnen zu bedanken. Nicht nur für ihre Anstrengungen bei der Organisierung der Veranstaltungen und dafür, dass sie diesen internationalen Gedankenaustausch möglich gemacht haben. Sondern auch für die Unterbringung und Beherbung und all die Mühe, die sie sich mit uns gemacht haben.

Diese Woche war ein Schritt nach vorn. Hin zu einer anderen Zukunft ohne Herrschaft und Ausbeutung. Es werden noch viele folgen.

[ssba]