Putzen ist so gesundheitsschädlich wie Rauchen

Eine neue Studie weist erneut auf die Gesundheitsrisiken durch den Einsatz von chemischen Reinigungsmitteln hin. Höchst bedenklich ist dabei, dass die häufige Verwendung von Putzmitteln ebenso gefährliche Auswirkungen auf die Lunge hat, wie das Rauchen einer Packung Zigaretten pro Tag. Diese Tatsache zeigt, wie nötig es ist, dass wir als Gesellschaft darüber diskutieren sollten, wie überhaupt gereinigt wird – nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch zuhause. Das Forschungsergebnis hebt zudem die Gefahren hervor, denen besonders Frauen* bei der Verwendung chemischer Putzmittel [vor allem Sprays] ausgesetzt sind.

Die Studie hat rund 6.000 Menschen über einen Zeitraum von 20 Jahren beobachtet und dabei eine Langzeitwirkung noch 10 bis 20 Jahre nach Ausübung von Reinigungsarbeiten festgestellt. Die Forscher*innen fanden heraus, dass Frauen* im Vergleich zu Männern* an weitaus schwerwiegenderen Gesundheitsproblemen leiden müssen, wenn sie längere Zeit Reinigungsprodukte verwendet haben. Das Untersuchungsergebnis zeigt deutlich, dass Frauen*, die aus beruflichen oder privaten Gründen putzen, deutlich größere Lungenschäden davontragen als solche, die mit der Reinigung nichts zu tun haben. Die meisten Atemwegserkrankungen wurden bei weiblichen* Reinigungskräften festgestellt, welche auch zuhause das Putzen erledigen. Die angerichteten Schäden waren vergleichbar mit dem Konsum von 20 Zigaretten pro Tag im gleichen Zeitraum, was besonders erschütternd ist im Hinblikck auf das entsprechende Risiko an Lungenkrebs und Asthma zu erkranken.

Die Studie verweist darauf, dass weitere Forschung dazu nötig ist, um herauszufinden, warum Frauen* mehr unter der Belastung durch Chemikalien leiden als Männer*. Eine Erklärung dafür ist jedoch, dass dabei weniger Männer* untersucht wurden, die überhaupt Reinigungsarbeiten leisten. Ein weiterer Hinweis könnte sein, dass in der Studie weitaus mehr Frauen* als Männer* chemischen Putzmitteln ausgesetzt waren, denn von den untersuchten Teilnehmerinnen* gaben 85 % an, dass sie auch zuhause die Putzfrauen* sind.

Dieses Forschungsergebnis ist beachtlich, denn es handelt sich um eine der wenigen Studien, die überhaupt die Langzeitwirkung von chemischen Reinigungsmitteln auf die Lunge untersucht haben. Außerdem wurde die Folgen des häuslichen Einsatzes dieser Schadstoffe mit einbezogen, obwohl dieser Lebensbereich von der Wissenschaft weitgehend vernachlässigt wird. Die Forscher*innen vermuten, dass das Ausmaß der Lungenschäden dadurch erklärt werden kann, dass die in den Putzmitteln verwendeten Chemikalien die empfindlichen Bronchialschleimhäute reizen. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die dramatischen Ergebnisse nicht überraschen sollten, wenn man bedenkt, dass es zur Einatmung von „kleinen Teilchen von Reinigungsmitteln, welche zur Reinigung des Bodens und nicht der Lunge gedacht sind“ kommt.

Eine wirkliche Neuigkeit ist jedoch, dass die Ergebnisse recht nachvollziehbar waren. Die Untersuchung beschäftigte sich mit Lungenfunktionstests aus 22 Studien in ganz Europa, wobei die Aussagen bemerkenswert übereinstimmend waren [siehe: European Community Respiratory Health Survey, ECRHS]. Daher wurde festgestellt: „Nachdem die Leute 20 Jahre lang untersucht worden waren, ist das Ergebnis herausragend, selbst im internationalen und multizentrischen Vergleich.“

Dieses neue Forschungsergebnis erklärt auch, warum zahlreiche andere Untersuchungen belegen, dass dauerhafte Atemwegserkrankungen, wie Lungenemphyseme, Chronische Bronchitis und Asthma, auch durch Reinigungsarbeiten verursacht werden können. Jedoch sind Atemwegserkrankungen nicht die einzige Gefahr für Putzkräfte, denn andere Studien zeigen: Ein hoher Anteil des Reinigungspersonals leidet zudem unter schweren Verschleißerkrakungen, wie beispielsweise Rückenschmerzen, Sehnenentzündung, Arthritis, Karpaltunnelsyndrom, Schultergelenkverletzung (Rotatorenmanschettenruptur) und schwingungsbedingte Durchblutungsstörung (Vibrationsbedingtes vasospastisches Syndrom). Alle diese Erkrankungen führen zu chronischen Schmerzen, danach auch zu Einkommensverlust und höchtwahrscheinlich zu dauerhaften Einschränkungen.

Obwohl es unübersehbare Beweise dafür gibt, dass Reinigungsarbeiten eine schwere Gefahr für die Gesundheit darstellen, ist doch wenig darüber bekannt. Da Putzen zuhause oder am Arbeitsplatz immernoch mehrheitlich von Frauen* erledigt wird, werden die Gefahren dadurch nicht weiter ernst genommen. Diese Situation wird noch dadurch verschlechtert, dass in der Reinigungbranche zunehmend unsichere Jobs verbreitet sind, bei denen Arbeitsmenge und das Personal immer mehr unter Leistungsdruck steht, was letztlich zulasten ihrer Gesundheit geht.

Der Bedarf an Reinigungstätigkeiten ist die Grundlage für eine gesunde Gesellschaft und eine funktionierende Wirtschaft. Doch Putzen ist eine randständige und niedrig angesehene Aktivität, welche von den Bessergestellten und Mächtigen wie eine Seuche gemieden wird, auf Kosten der schwachen und weniger organsierten Teile der Gesellschaft. Damit die dringend benötigte Alltagstätigkeit des Putzens überhaupt jemals wirklich sicher gestaltet werden kann, müsste es einen grundlegenden Wandel geben in der Art, wie die Gesellschaft organisiert ist, damit die vermeidbaren Risiken der Reinigungstätigkeiten ganz überwunden werden können. Ein Schritt in diese Richtung würde sein, dass alle Putzaufgaben von der gesamten Gesellschaft gleichberechtigt übernommen werden.

Solidarity Federation Manchester

http://solfed.org.uk/manchester/women-who-clean-at-home-or-at-work-face-the-same-risk-as-smoking-20-cigarettes-a-day

Mehr dazu:
http://www.thoracic.org/about/newsroom/press-releases/resources/women-cleaners-lung-function.pdf

CreativeCommons: BY-NC

Übersetzung: Anarchosyndikalistisches Netzwerk – ASN Köln

[ssba]