Auf den Spuren der FAUD… – eine Tour durch Düsseldorf

Am 23. April sind wir auf den Spuren der FAUD vor allem durch drei Stadtteile gefahren:

  • Unterbilk/Hafen
  • Flingern
  • Oberbilk

Die erste Station war ganz in der Nähe des Ladenlokals der FAU Düsseldorf, dem V6, auf der Siegstraße. Dort fuhren wir zum ehemaligen Standtort des „Verlag der Freien Sängergemeinschaft“, bei Paul Mittau. Hier konnten Partituren zur Ansicht bestellt werden. Unter anderem gab es Auftritte in der „Siedlung Freie Erde“. Bei der Sängergemeinschaft engagierte sich auch Anton Rosinke. Sowohl zur Freien Erde, also auch zu Anton Rosinke, werdet ihr bei den nächsten Touren (Mai und Juni) mehr erfahren. Von dort ging es dann erst einmal durch die Stadt, am Hauptbahnhof und dem Worringer Platz vorbei. Leider gibt es das Lokal Lettmann, auf der Kölner Straße 84 nicht mehr (die Kölner Straße zählt die Hausnummern nur bis ~73 und fängt auf der anderen Seite der Gleise erst wieder  mit 125 an). Dort gab es jeden Freitag Abend einen „gemischten Chorabend“ des Arbeitergesangsvereins „Freie Sänger 04“. Also fuhren wir direkt weiter zur Adlerstraße, um etwas über den Syndikalistischen Frauenbund (SFB) zu erfahren. Leider musste der Vortrag zum SFB, zumindest so wie er eigentlich geplant war, ausfallen. Trotzdem haben wir natürlich ein paar Worte zum SFB verloren. An dem Ort wo sich früher das „Lokal Reuter“ befand, und wo am 15. Oktober 1921 die Reichskonferenz des Syndikalistischen Frauenbundes stattfand, befinden sich heute die Adler Garagen. 1921 haben sich dort aber 12 namentlich bekannte Delegierte des SFB getroffen, die insgesamt 579 Mitglieder repräsentierten (bei republikweit ~1000 Mitgliedern ). Aus Düsseldorf waren Fränze Gerlach und  Henriette Wörndl (deren damaligen Wohnsitz wir später noch angefahren haben) anwesend. Außerdem waren Delegierte aus Mülheim-Ruhr, Duisburg, Köln-Wiesdorf, Friemersdorf, Stettin, Schweinfurt, Groß-Berlin, Berlin-Lankwitz, Berlin-Oberschöneweide und Erfurt anwesend.

Ganz in der Nähe, Am Wehrhan 70, dort wo Heute die Firma Klüh ihren Glaspalast stehen hat, befand sich früher das Haus Kroll. Dort war die Lohnkommission der Düsseldorfer Fliesenleger ansässig. Als Ansprechpartner fungierte der sehr aktive Carl Windhoff. Über die Fliesenleger gibt es viel spannendes zu erzählen. Wenn ihr euch zum Beispiel fragt, wem ihr es zu verdanken habt, das es bezahlten Urlaub gibt:

„Wir waren die erste Organisation in Deutschland, welche unseren Kollegen vom Jahre 1923 ab 6 Tage Ferien bei vollem Lohn sicherte, was dann vielfach Nachahmung fand.“ Auch die weiteren Erfolge sind bemerkenswert und Carl Windhoff konnte 1930 auf dem 18. Kongress der FAUD berichten:

„Wir haben in verschiedenen rheinischen Orten Löhne erreicht, die um 30 bis 35 % höher sind als in den übrigen Orten. (…) Wir haben erreicht, dass wir darüber bestimmen, wer eingestellt und wer entlassen wird. (…) Wir haben die Zentralgewerkschaft genötigt, unsere Abmachungen mit zu unterschreiben.
Wir haben die staatlichen Schlichter ausgeschaltet. Wir haben die schriftliche Bestimmung durchgesetzt: ‚Für alle Streitigkeiten sind die amtlichen und staatlichen Schlichtungsstellen auszuschalten, soweit dazu nicht ein gesetzlicher Zwang besteht.’ (…) Wir haben in verschiedenen Verträgen durchgesetzt, dass nur Mitglieder unserer Fliesenleger-Organisation eingestellt werden. Wir arbeiten täglich nur 7 ½ Stunden [1906 waren in der Baubranche noch 10 Stunden üblich] und am Sonnabend Nachmittag gar nicht. Bei schlechter Konjunktur bestimmen wir, dass die Arbeitszeit weiter so verkürzt wird, dass keiner entlassen zu werden braucht. In der Zeit der jetzigen Massenarbeitslosigkeit ist die radikale Verkürzung der Arbeitszeit eine Notwendigkeit, für die alle Arbeiter und auch viele kleinbürgerliche Schichten Verständnis haben. Wir arbeiten jetzt an der Durchsetzung der fünftägigen Arbeitswoche.“

Bei einem Streik ab dem 13.09.1932 wurden unter anderem ein fester Tariflohn und eine „im Arbeitsvertrag verankerte paritätische Arbeitsteilung“ gefordert. Der Deutsche Baugewerksbund, christliche Gewerkschaften sowie die FAUD entwarfen und unterzeichneten diese Forderungen gemeinsam. Die Arbeitgeber-Vereinigung wurde durch eine Fliesenleger-Versammlung am 01.10.1931 aufgerufen sich hier bei der Lohnkommission zur Aufnahme von Verhandlungen zu melden – täglich ab 9 Uhr Vormittags und/oder unter „Fernruf 269 66“.
Der Streik dehnte sich in diesem Gewerbe mindestens noch bis nach Essen aus. Die letzten Ausgaben der bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Arbeiter-Echo umbenannten und dann verbotenen Zeitung, zeigen, dass der Streik noch lange andauerte.

Es gibt noch viel mehr spannendes zu Berichten, aber das ist einer anderen Tour vorbehalten….

Ach ja, und wenn ihr euch schon einmal gefragt habt warum die Freie Arbeiter*innen Union (FAU) so heißt wie sie heißt. Nun, das hat sie den Düsseldorfer Fliesenlegern zu verdanken! Denn sie waren es, die sich als erste mit den Arbeiter Unionen des Ruhrgebietes und Düsseldorfs zur „Freien Arbeiter Union“ zusammengeschlossen hatten, und dem Kongress der Freien Vereinigung deutscher Gewerkschaften (FVdG) empfohlen hatten sich auch republikweit mit den Arbeiter Unionen zusammen zu schließen und den Namen des eigenen Verbandes entsprechend zu ändern.

Die Nächste Station war dann auch die letzte Adresse bei der Carl Windhoff in Düsseldorf gemeldet war. Carl wurde am 28. Mai 1941 Opfer des Staatsterrorismus durch die Nazis. Nach mehreren Razzien in seiner Wohnung und einer Anklage wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde er zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Er wurde zwar vorzeitig entlassen, aber nur, damit er an den folgen der Haft zu Hause sterben konnte.

Vor uns lagen nun noch drei weitere Orte, die wir anfahren wollten. Zum einen die Ackerstraße. Dort im Haus Nummer 154, wo sich heute die Leute zum Sport treffen trafen sich damals zu Versammlungen, die Metallarbeiter Düsseldorf, die Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend (und zwar jeden Mittwoch um 20 Uhr im Hof) und die Bauarbeiterföderation Ortsgruppe Düsseldorf (zum Beispiel zu ihrer Jahresgeneralversammlung – 31.01.1928). Zum anderen der Wohnort von Henriette Wörndel auf der Krahestr 20, von der wir leider nur wissen das sie Delegierte für Düsseldorf (50 Mitglieder) auf der SFB-Reichskonferenz am 15. Oktober 1921 in Düsseldorf war. (Falls der eine oder die andere Leser*in dieser Zeilen mehr weiß: wir freuen uns über jeden noch so kleinen sachdienlichen Hinweis!).
Die letzte Station der Tour, ließen wir für dieses eine Mal ausfallen – da wir schon etwas über der Zeit waren. Den „Kurier-Verlag“ in dem ab Januar 1928 wöchentlich der „Rheinisch-Westfälische Kurier – Sozialrevolutionäres Organ für den Wirtschaftsbezirk Rhein und Ruhr“ erschien, besuchen wir ein anderes mal. Für den Druck zeichnete der hier wohnhafte Leonhard Kleefeld (leider wissen wir auch über ihn nicht mehr als das was hier steht) verantwortlich. Die FAUD in der Region erkannte die Publikation als ihr regionales Organ an. Verantwortlich für den Inhalt zeichnete Johannes Gerlach (über den wir ebenfalls noch nicht mehr wissen).

Zum Ausklang der Tour hat sich ein kleiner Teil von uns, noch einen sehr leckeren Kaffee und ein Stück Kuchen im Herzen von Flingern gegönnt….

[ssba]