Die deutschen Gewerkschaften haben in den vergangenen zehn Jahren fast eine Million Mitglieder verloren, der Organisationsgrad in den Unternehmen sank um fast fünf Prozent. Die Fauistas kämpfen gerade da, wo die Gewerkschaftsriesen ihre Probleme haben, im Bereich prekärer Jobs, dort wo ein neues Proletariat entsteht.
Im Dezember 2016 hat die IAA – einstmals die Internationale des revolutionären Syndikalismus und den Anarcho-Syndikalismus – ihre Sektionen in Spanien (CNT), Italien (USI) und Deutschland (FAU) ausgeschlossen und sich damit mindestens 90% ihrer Mitgliedschaft entledigt. Der Beschluss des IAA-Kongresses von Warschau kam nicht überraschend. Letztlich ist er Ausdruck der mindestens 20 Jahre währenden Agonie einer IAA, die sich immer weiter von ihren Wurzeln und den Grundsätzen ihrer Gründung im Dezember 1922 entfernt hat.
Deliveroo und Foodora sind zwei sehr junge Start-Ups, die mit einer Menge Startkapital rasant global expandieren. Sie lassen Zweifel aufkommen, ob der digitale Kapitalismus das Ende der Arbeit bedeutet, wie mancherorts behauptet wird. Denn die Radfahrer, die für die neuen Internet-Lieferdienste unterwegs sind, müssen sich abstrampeln und tragen im Straßenverkehr ein enormes gesundheitliches Risiko. Mit der Kampagne #deliverunion melden sich nun die FahrerInnen zu Wort.
[en][de] A short video featuring Deliveroo riders from Bristol, who got organised and improved their working conditions. Deliveroo-Fahrer aus Bristol in einem Video, wie sie erste Schritte unternommen haben, um Verbesserungen auf der Arbeit zu erreichen (dt. UT)
Kompromisslos anarchistisch. Ein Nachruf von Hans Halter
Fritz Scherer (1903 – 1988), Anarchist — Ein Leben unter der schwarzen Fahne 85 Jahre lang
In Berlin ist ein alter Mann gestorben, in seinem 86sten Lebensjahr. „Nach kurzer Krankheit“, wie es in der Traueranzeige der Familie heißt, „ohne leiden zu müssen und nach einem ausgefüllten Leben.“ Der Mann heißt Fritz Scherer, er war Anarchist, sein ganzes Leben lang. Über ihn lässt sich — in Abwandlung eines französischen Satzes — wahrheitsgemäß sagen: Fritz Scherer gehörte keiner Schule, Kirche, Institution oder Akademie an, und schon gar nicht irgendeinem Regime, außer dem der Freiheit. Sein ganzes Leben lang — und das will etwas heißen. Weiter lesen „Fritz Scherer (1903 – 1988)“→
[Quelle: Foto und Bildunterschrift: Ur-Dada] Mitglieder der FAUD Ratibor beim Begräbnis eines Genossen (Anfang der 30er Jahre). Unter ihnen sind einige Mitglieder der ‚Schwarzen Scharen‘ (rechts im Bild: erkennbar an Baskenmütze, Schlips und Koppel); eine der beiden Personen in der Bildmitte mit Hut ist Alfons Pilarski.
[Quelle: Dada-Web] Solidaritätsdemo der FAUD (A-S), Arbeitsbörse Groß-Berlin, vor dem Berliner Stadtschloss gegen die in den USA drohende Hinrichtung der beiden Anarchisten Sacco und Vanzetti (Juli 1927)
[Quelle: syndikalismus.wordpress.com] „In Ratibor hielt die KPD gemeinsam mit der ‚Schwarzen Schar‘ am 2.4. [1930] eine Versammlung gegen den Youngplan und Faschismus ab […] Zu der Versammlung waren von der KPD 70 und von der ‚Schwarzen Schar‘ 80 Teilnehmer erschienen.“ (Polizeibericht)
Frauen spielten beim Kommuneaufstand im Frühjahr 1871 in Paris eine wichtige Rolle – nicht nur, weil sie als Marketenderinnen die Kämpfenden mit Essen und Trinken versorgten. Viele von ihnen diskutierten mit, hielten Reden, organisierten die Arbeit in den Werkstätten. Die »Union des Femmes« war zwar die wichtigste Frauenorganisation der Pariser Kommune, aber nicht die einzige.
Elisabeth Dmitrieff (1850–1918)
Die russische Sozialistin Elisabeth Dmitrieff, die kurz nach dem Kommuneaufstand nach Paris gereist war, trat zunächst einem bereits bestehenden, während der Belagerung gegründeten »Comité des Femmes« bei, dem etwa 160 Gruppen und Initiativen angehörten und das 1800 Mitglieder zählte, darunter auch Anna Jaclard, André Léo, sowie die führende Frau der Pariser Internationale, Natalie Lemel. Das Comité scheint ein weitverzweigtes Netz aufgebaut zu haben, das sowohl praktische organisatorische Aufgaben übernahm wie auch einen Zusammenschluß der eher politisch interessierten Frauen ermöglichte. Doch offenbar kam es hier bald schon zu Differenzen, und Elisabeth Dmitrieff machte sich an die Gründung ihrer eigenen Organisation.
»Wenn die französische Nation nur aus Frauen bestünde, was wäre das für eine schreckliche Nation« – so soll ein Korrespondent der Londoner ›Times‹ die Ereignisse der Pariser Kommune kommentiert haben. Die ›heroische‹ Beteiligung von Frauen ist immer wieder erwähnt und untersucht worden seit Prosper-Olivier Lissagaray 1876 in seiner »Geschichte der Kommune von 1871« das Augenmerk darauf gerichtet hat:
Die Frauen gingen zuerst vor, wie in den Tagen der Revolution. Die Frauen vom 18. März waren durch die Belagerung gestählt – sie hatten eine doppelte Portion des Elends zu tragen gehabt – und warteten nicht auf ihre Männer. Sie umringten die Mitrailleusen und sprachen auf die Geschützführer ein: ›Es ist eine Schande! Was macht ihr hier?‹ Die Soldaten schwiegen. Dann und wann sagte ein Unteroffizier: ›Geht, gute Frauen, macht, daß ihr fortkommt!‹ Der Ton seiner Stimme war nicht rauh, und die Frauen blieben … Eine große Menge von Nationalgardisten mit erhobenen Gewehrkolben, Frauen und Kinder stürmen durch die Rue des Rosiers vor. [General] Lecomte sah sich umzingelt, er befahl dreimal, das Feuer zu eröffnen. Aber seine Leute blieben Gewehr bei Fuß. Als die Menge näherkam, verbrüderten sie sich, und Lecomte und seine Offiziere wurden festgenommen.
Die starke Präsenz von Frauen in der Pariser Kommune hat mehrere Ursachen.
Das Interesse feministischer Forscherinnen an der Geschichte des Anarchismus hat sich bislang auf wenige herausragende Figuren wie Louise Michel, Emma Goldmann oder Clara Wichmann konzentriert. Vom Einfluss von Frauen auf die Anfänge des Anarchismus, in den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, ist wenig bekannt. Das liegt wohl zum großen Teil daran, dass die »Ahnenreihe« des Anarchismus häufig mit dem französischen Sozialphilosophen Pierre-Joseph Proudhon begonnen wird, einem überzeugten Antifeministen, was natürlich den Schluss auf feministische Gründungsimpulse zu widerlegen scheint. Wenn man die Anfänge des Anarchismus bei Proudhon sucht – und fast jede allgemeine Darstellung der Geschichte des Anarchismus tut das – dann lässt sich kaum vermuten, dass Frauen mit diesen Anfängen etwas zu tun gehabt haben könnten.
Die Diskussion über das Verhältnis von Frauen und Männern spielte in der Ersten Internationale eine wichtige Rolle. Und zwar eine so wichtige, daß man sagen muß: Die Erste Internationale war in ihren Anfängen vor allem eine antifeministische Organisation. Auf den ersten beiden Kongressen (1866 in Genf und 1867 in Lausanne) diskutierten die jeweils rund sechzig Delegierten – alles Männer – ausführlich über die Frage der Frauenerwerbsarbeit und über das Verhältnis von Frauen und Männern in der Gesellschaft. Weiter lesen „Frauen in der Ersten Internationale“→